Samstag, 1. Juli 2017

LitRPG

Da ich in letzter Zeit vermehrt LitRPG lese, hier eine Erklärung:


Kurzgesagt, LitRPG geht davon aus, dass die Realität, oder zumindest eine Realität, nach den Regeln von Rollenspielen funktioniert. Es gibt Statuswerte, HP, Mana, Zauber, aber alle mit definierten Zahlenwerten.


Um das ganze ausführlicher zu machen, LitRPG, oder komplett ausgeschrieben Literary Role Playing Game, geht davon aus, dass die Welt nach den Regeln von Rollenspielen funktioniert. Rollenspiele heißt in diesem Fall Spiele wie Dungeons & Dragons, Das Schwarze Auge, World of Warcraft, und so weiter, und schließt im wesentlichen alle Spiele ein, die genau definierte Zahlenwerte haben.

Dies kann mehrere Gründe haben:
  1. Die Welt an sich funktioniert nach Rollenspielregeln.
  2. Die Welt ist eine Simulation, d.h. ein Computerspiel, und die Charaktere haben Zugriff aus Der Realität auf diese virtuelle Welt und verbringen große Teile ihrer Zeit in selbiger.
  3. Die Charaktere werden aus einer normalen Welt wie unsere in eine Welt transportiert, die nach Rollenspielregeln funktioniert.
Dies sind wohlgemerkt bloß Einordnungen und nicht rigide Schubladen, in die alles passen muss. 

In der Ausführung gestalten sich LitRPGs oft in zwei Schienen, die man grob nach ihrer Herkunft unterteilen kann.
  • Koreanisch: Charaktere ‘grinden’, soll heißen ackern sich ab um neue Level zu bekommen, und es ist eine Menge Arbeit notwendig, um voranzukommen. Jedes neue Level ist schwieriger zu erreichen als das vorige.
  • Russisch: Der Levelfortschritt ist relativ zügig, sei es durch Zeitsprünge in der Handlung oder anderweitige Mechaniken, und die Handlung konzentriert sich mehr auf das Endspiel: große Gegner, die niedergerungen werden müssen.
Die Erklärung für die Handlung als LitRPG kann unterschiedlich sein, aber die Mehrheit (nach meiner Erfahrung) fällt in die Schiene VRMMO1. Die Hauptcharaktere haben ein Headset, mit dem sie in ein Spiel eintauchen, und aus irgend einem Grund verbringen sie mehr und mehr Zeit im Spiel. Ein verbreiteter Grund ist virtueller Gelderwerb, welches dann in reale Währung umgetauscht werden kann. Ein anderer ist ganz kurz und einfach Realitätsflucht2. Ein dritter, verbreiteter Grund ist der Transport in eine solche Welt. Die Charaktere wurden entweder körperlich oder geistig in eine Welt mit RPG-Regeln transportiert oder eingesperrt und müssen nun versuchen zu überleben. Manche können theoretisch zurück, aber oftmals ist solch ein Schritt mit großen Gefahren und Aufwand verbunden, der das Unterfangen eher wahnwitzig denn realistisch erscheinen lässt.

Das Charakteristikum von LitRPGs in meinen Augen ist aber die Herangehensweise und Gestaltung der Welt. Spieler können durch Chats oder Nachrichten miteinander interagieren, auch über Entfernungen hinweg, und alles hat definierte numerische Werte. Mit anderen Worten, deine Axt macht normal 12-16 Schaden, es sei denn der Gegner hat Panzerung, welche immer 3 Schaden schluckt. Du kannst dem entgegenwirken, indem du höher als der Gegner stehst, welches dir einen Vorteil von +1 Schaden gibt. Dies ist natürlich nur ein Beispiel.

Interessanter wird das ganze durch die Mannigfaltigkeit und Fülle an Regeln in üblichen Rollenspielen. Es gibt da einen Witz, dass man immer einen 11 Schritt langen Stab dabei haben soll, um Fallen auszulösen, denn Fallen machen immer Schaden in einem Umkreis von 10 Schritt. Hier ist einer der Knackpunkte des Genres, die Unterscheidung zwischen Regeln wie sie niedergeschrieben sind, und Regeln wie sie gemeint sind. In dem Witz ist es klar, dass die 10 Schritt Umkreis nur eine Maßgabe sind, keine feste Konstante des Universums. 

Deswegen haben Rollenspiele einen DM oder GM, auf deutsch einen Spielleiter, der die Abenteuer der Spieler vorbereitet und leitet und, im Idealfall, auf seine Spieler eingeht. der DM weiß was in den Regeln steht, aber er weiß auch dass das solche Ausnutzungen ein Abenteuer schnell den Bach runtergehen lassen.

In LitRPG aber wäre das in den meisten Fällen möglich, denn sie haben keinen DM, oder er ist irrelevant.

In normalen Rollenspiele ist eine der unterhaltsamsten Beschäftigungen von Spielern die Auslotung von Grenzen. Der 11-Schritt-Stock? Der ist noch harmlos, glaubt mir.

Der Vollständigkeit halber mal ein paar LitRPGs, die ich schon gelesen habe: Sword Art Online, in gewissem Sinne Not a Villain, Ready Player One, Project Daily Grind / The Citadel, Critical Failures, The Trapped Mind Project, The Two Year Emperor.


1 Virtual Reality Massive Multiplayer Online, d.h. ein Online-Spiel, bei dem hunderte oder Millionen Spieler gleichzeitig über ein VR-Set miteinander interagieren können.
2 Ready Player One, welches demnächst als Film rauskommt, wäre ein Beispiel hierfür.

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