Donnerstag, 7. September 2017

Pandora’s Star & Judas Unchained (Commonwealth 1 & 2)

Im Orbit eines blauen Planeten hat ein zylindrisches Raumschiff mit einem Ring um die Mitte hat Schaden genommen
Ein Planet bricht auseinander


Ausschweifende Weltraumoper

Mir sind unerwartet zwei Bücher ins Haus geflattert, die ich aufgrund der Idee irgendwo mal im Hinterkopf als interessant markiert hatte. Na ja, ein Buch, oder besser gesagt das fiktive Universum ist mir haften geblieben: durch Wurmlöcher verbundene Planeten, deren Warenaustausch über riesige Züge funktioniert.

Weitere Aspekte des Universums sind weit verbreitete Verjüngungstechnologien, welche es Menschen erlauben, nach einigen Jahrzehnten ihr körperliches Alter auf ca. 20 zurückzuschrauben. Während man diese Kur durchläuft, kann man zugleich seine Erinnerungen modifizieren, so dass man unliebsame Abschnitte seines letzten Lebens komplett vergisst oder sich bloß in groben Zügen daran erinnert. Das erfordert logischerweise Technologien, welche tief in das Gehirn und die Wahrnehmung eingreifen, und wie so vieles wird auch dies ordentlich erkundet. So gibt es zum Beispiel Menschen, die bei ihren Verjüngungen nichts vergessen haben, aber sie benötigen mehr ‘Speicherplatz’ außerhalb ihres Kopfes, um sich an all die Jahrhunderte zu erinnern.

Die eigentliche Handlung beginnt mit der Beobachtung eines Sternensystems durch Dudley Bose, einen Astronomen. Aufgrund der leichteren und ökonomischeren Erforschung näherer Sternensysteme mittel Wurmloch und ein paar Satelliten ist Astronomie zu einer kaum noch beachteten Wissenschaft geworden. Bose beobachtet allerdings die schlagartige Verdunklung eines Sterns. Die Menschheit wussten um die Dyson-Sphäre, aber dass sie wirklich innerhalb von Sekundenbruchteilen errichtet wurde ist mehr als überraschend. Also baut die Regierung ein Sternenschiff, das erste seiner Art (die Pläne lagen schon seit einiger Zeit in der Schublade, aber wieso ein Sternenschiff bauen, wenn Wurmlöcher so viel billiger sind?), und schaut vor Ort nach. Der Stern ist wirklich von einer Barriere umgeben, einem Kraftfeld unbekannter Art, und bei der Untersuchung schaltet sich dieses ab und die Außerirdischen im Inneren werden freigelassen.

Frei gelassen trifft es ziemlich passend, denn entgegen den anderen Außerirdischen, denen die Menschheit begegnet ist, sind diese sehr expansionistisch und es kommt schnell zu einem Konflikt. Man sollte annehmen, dass eine Zivilisation, die hunderte Planeten kolonialisiert hat, mit einer anderen, bisher auf ein System beschränkten, feindlich gesonnen Zivilisation umgehen könnte, aber nein, diese Außerirdischen sind ganz anders als erwartet und es kommt zu einem unweigerlichen Krieg.

Das Werk, und man sollte die beiden englischsprachigen (und vier deutschsprachigen) Bände wirklich als ein eng zusammenhängendes Werk verstehen, verfolgt dabei eine Vielzahl von Charakteren, seien es Terroristen von einem Provinzplaneten, Anführer von interstellaren Dynastien, Senatoren, Sicherheitsmänner, Detektive, und so weiter. Hamilton hat wirklich viele Personen am Werk, und manche sieht man hunderte Seiten lang nicht bevor sie wieder auftauchen. Ähnlich verhält es sich mit den Handlungssträngen; durch die Vielzahl an parallel laufenden Handlungsbögen kann es dauern, bis man einen alten wieder sieht. Wenn man das ganze von hinten aufrollt, wird allerdings klar, dass die vielen Seiten, die für den Aufbau dieser sehr entfernten Stränge verwendet werden, der Charakterisierung dienen für Charaktere, die im finalen Teil anfangen aufeinander zu treffen.

Hamilton verwendet viel Liebe zum Detail in der Weltgestaltung; die verschiedenen Planeten und Handlungsorte sind immer genau beschrieben, so dass man nicht wirklich viel hinzufügen muss, um was vorm geistigen Auge zu sehen. Ehrlich gesagt würde ich das sogar als Manko beschreiben, der Autor verliert sich manchmal in diesen Beschreibungen von Orten, die man nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommt. Andererseits illustriert das sehr umfassend die Lebenssituation der Charaktere innerhalb dieser Welt. Dass man sich verjüngen lassen kann, heißt noch lange nicht, dass es kostenlos ist; viele Leute verbringen ihr Leben damit, das Geld für eine neue Verjüngung anzusparen. Andererseits gibt es Personen, die aus reichen Dynastien stammen und ihren Lebtag nie haben arbeiten müssen, oder werden, wenn sie es nicht wollen.

Ein Punkt, den ich auf keinen Fall verschweigen will, ist die sich stets in den Vordergrund drängende Sexualität der Charaktere. Vielleicht bin ich einfach zu verklemmt, was diese Sachen angeht, aber restlos alle Charaktere sind sehr freizügig; nach einer Verjüngungskur ist es normal, dass man sich erstmal durch die halbe Stadt fickt, sozusagen, weil man von den gediegenen Hormonen des späten Alters zu denen der immer noch pubertierenden Jugendlichen gewechselt ist. Wenn einen sowas stört, kann man diese Abschnitte einfach überfliegen und zu den Teilen springen, wo gesprochen wird.

Im Gegenzug möchte ich das letzte Drittel von Judas Unchained hervorheben. Die verschiedenen Handlungsstränge kommen sich immer näher und befinden sich bereits in der Verflechtung während ein Fanal nach dem anderen gezündet wird. Ich konnte das Buch gar nicht mehr beiseite legen, so fesselnd war das. Was problematisch ist, denn beide Bücher sind verdammt lang.

Der Vollständigkeit halber will ich noch anmerken, dass neben Pandora’s Star und Judas Unchained noch weitere Bücher im Commonwealth-Universum spielen, diese sind aber nur in bedingtem Zusammenhang; die meisten spielen mehr als tausend Jahre nach den Ereignissen in Pandora’s Star und Judas Unchained.



Titel: Pandora’s Star & Judas Unchained

Autor: Peter F. Hamilton

Sprache: Englisch (gehobene Schwierigkeit)

Länge: 992 Seiten (ca 300k Wörter), 1024 Seiten (ca 250k Wörter)

Sonntag, 3. September 2017

Video Game Plotline Tester (Dark Herbalist 1)

Grüne Wiese, im Hintergrund hölzerne Palisaden mit Turm, auf dem ein Ork mit Ballista steht. Im Vordergrund ein kleiner grüner Goblin in Wams, hält ein Netz. Vor ihm liegt ein viel größerer Wolf, verwundet von einem Ballistaspeer. Neben dem blutenden Wolf steht ein anderer, der von einer Waldnymphe geritten wird.
Ein bisschen schwach im Handlungsbogen

Bei diesem LitRPG ist der Name Programm: Amra ist der auf dem Bild zu sehende grüne Zwerg, ein Goblin, und sein Beruf ist die Prüfung von dem weltweiten Megaerfolg Boundless Realms. Zugleich soll er den mehreren hundert Millionen Spielern obskure Rassen und Berufe schmackhaft machen, und aus genau diesem Grund ist neben der ungewöhnlichen Rasse auch noch Kräuterkenner (Herbalist) von Beruf.

Ihm zur Seite ist seine langjährige Gefährtin in Onlinespielen Valerianna. Wenn man die beiden vergleichen würde, dann wäre sie der Kopf, die Strategin, welche die eigentlichen Pläne schmiedet, sowohl für den Erfolg im Spiel, als auch außerhalb, denn Valerianna ist auch seine kleine Schwester.

Und so beginnen die beiden mit ihren Eskapaden in Boundless Realms, lösen Quests, schließen Freundschaften, und haben stets ein Auge darauf, dass Amras Stream interessant genug ist um Zuschauer anzulocken.

Tja, das war es auch schon, sehr viel mehr Handlung ist da nicht vorhanden. Der Leser folgt Amra aus der Ich-Perspektive wie er versucht Geld zu machen, welches er als Angestellter theoretisch gegen bare Münze tauschen kann, da der erste Band aber kaum eine Woche abdeckt, ist es noch nicht so weit gekommen und er ist anderweitig zu Geld gekommen.

Es gibt bei Dark Herbalist einige Merkmale, die ich bei anderen LitRPG noch nicht gesehen habe, wie echte Bugs und Fehler, bei denen das Spiel einen Fehlercode auswirft und NPCs in ihrer aktuellen Situation einfrieren. Da das auch bei heutigen Spielen auftritt, und da Amras Aufgabe genau das Finden solcher Fehler ist, macht dies das Spiel in einer seltsamen Verzerrung der Welt realistischer. So findet Amra zum Beispiel einen NPC, über den man durch eine schleifende Interaktion seine Reputation mit der Siedlung grinden kann.
Außerdem gibt es nicht irgendwelche abgedrehten künstlichen Intelligenzen – das Verhalten von und Gespräche mit NPCs sind zwar freizügiger und ungebundener als in heutigen Spielen, aber es bewegt sich immer noch in Grenzen.

Amra leidet auch nicht vom Protagonistensyndrom, welches ihm alles in den Schoß wirft, weil er etwas besonderes (d.h. der Hauptcharakter) ist. Nein, seine Besonderheiten wie Rasse und Beruf wurden ihm auferlegt, und gewisse Absonderlichkeiten wie Vampirismus haben nicht nur Vorteile, sondern auch einen Haufen Nachteile, welche sie ausgleichen.

Das einzige woran es Dark Herbalist mangelt ist eine Rahmenhandlung. Ja, es gibt einen überspannenden Handlungsbogen, aber der hat in etwa die Reißfestigkeit von Spinnfäden. Aus Amras Sicht hat er natürlich einen Handlungsbogen durchlaufen: er war mit der Miete im Rückstand, wohnte in einer mehr als fragwürdigen Gegend, hatte keinen Job, und keine Freundin. Am Ende des Buches hat sich das alles geändert. Für den Leser aber, oder zumindest für mich, war das entweder zu schnell gelöst, oder der Bogen nicht zu stark gespannt.

Mir ist klar, dass ich damit im Prinzip vom Autor fordere, seinen Hauptcharakter doch bitte mit Protagonistensyndrom zu infizieren, aber das stimmt nicht, nicht vollkommen. Zum Beispiel hätte er dafür entscheiden können, Amras beklemmende Wohnsituation nicht so einfach zu lösen wie er es getan hat.

Hat er aber nicht, und das kreide ich ihm an. Außerdem sehr verwirrend: das Charakterblatt, das ein paar Mal im Buch vorkam, war offensichtlich mittels Bildschirmfoto und Tabellenkalkulation erstellt worden. Wieso das nicht als einfache Tabelle im Text eingebunden war ist mir unbegreiflich.



Solide, aber mehr auch nicht.

Titel: Video Game Plotline Tester (Dark Herbalist 1)

Autor: Michael Atamanow

Sprache: Englisch (normal)

Länge: 563 Seiten (117k Wörter)

Mittwoch, 30. August 2017

Luck Stat Strategy (Secret of the Old Ones 1)

Im Vordergrund ist ein athletischer, junger Mann mit Degen und spätviktorianischer Kleidung (halb Steampunk). Im Hintergrund eine Kutsche und diverse Gebäude im Stil typisch für Neuengland.
Charakterisierungsarmes LitRPG

Trent spielt seit einem Jahr Secret of the Old Ones (SoO), das heißeste VRMMO auf dem Markt, und nach so langer Zeit hat sich seine Charaktergestaltung endlich gelohnt, denn er hat Zugriff auf einige legendäre Items bekommen.
Seine Strategie? Glück. Während in anderen Spielen Charakterwerte wie Glück und auch Charisma unter ferner liefen fallen, hat Trent das ganze umgekehrt und die Hälfte seiner Punkte in Glück investiert. Das heißt zwar, dass er einerseits schwächer ist als Spieler auf seiner Stufe, aber andererseits ist seine Wahrscheinlichkeit seltene Gegenstände zu finden ungleich höher.

Dummerweise wurde seine Entdeckung dieses legendären Gegenstands über eine Systemnachricht der ganzen Welt mitgeteilt, und es gibt viele skrupellose Menschen, die den Gegenstand selber haben und verkaufen wollen und dabei auch vor Gewalt nicht zurückschrecken.

Dieser Punkt in der Weltgestaltung ist in meinen Augen auch der schwächste. SoO ist aus irgend einem Grund so populär, dass es große Firmen gibt, die aus dem Streamen der Topspieler ein Geschäftsmodell gemacht haben, komplett mit eigenen Wohnkomplexen abgeschottet von möglichen Bedrohungen, eigenem Sicherheitsdienst, und so weiter. Irgendwie scheint mir das unglaubwürdig, zumindest in einem unserem allzu ähnlichen Wirtschaftssystem. Allerdings würde es mich auch nicht wundern, wenn es in 50 Jahren plausibel erscheint, wenn auch überzogen.

Wie dem auch sei, die virtuelle Welt von SoO ist eine seltsamer Mischung von H.P. Lovecraft und Steampunk, und Trent macht aus seiner Verachtung für letzteres wenig Hehl. Interessanter ist das Level-System; Fähigkeiten, welche man auch im echten Leben beherrscht, fallen einem im Spiel auch einfacher. Mit anderen Worten trifft ein real guter Bogenschütze seine Ziele im Spiel mit einem Bogen auch besser als jemand, der nie einen Bogen in die Hand genommen hat. Das Spiel hilft einem zwar, aber wenn man von sich aus schon Erfahrungen und Fähigkeiten mitbringt, so wird dies im Spiel gewürdigt, und zwar in einem Maße, dass der Erwerb und das Training von spielrelevanten Fähigkeiten außerhalb des Spiels bei professionellen Spielern Teil des Spiels an sich ist.

Kommen wir nun zum zweischneidigen Schwert: Luck Stat Strategy ist kurz. Die meisten Bücher sind über 80k Wörter lang, und dieses kommt gerade mal auf knapp 47k. Der Autor hat selbst gesagt, dass dies ein Ziel von ihm war, im Prinzip ein ganzes Buch auf die Hälfte seiner Länge einzudampfen. Dabei kommt aber die Charakterisierung der Figuren zu kurz. Trent und seine Kumpanen gehen mir herzlich am Arsch vorbei, und die eingangs beschriebene Bedrohungssituation berührt mich gerade deswegen nicht. LitRPGs schmücken sich so oder so schon nicht mit allzu tiefgreifender Charakterisierung, und hier fällt sie nochmals flacher aus.
Wenn ich so überlege war sogar Spinward besser charakterisiert, und deren Hauptcharakterin kam mir eher wie eine Vierzehnjährige mit ADS vor.



In Teilen interessant, aber generell schwach ausgeführt.

Titel: Luck Stat Strategy

Autor: Blaise Corvin

Sprache: Englisch (normal)

Länge: 234 Seiten (47k Wörter)

Samstag, 26. August 2017

Strong Female Protagonist


Name ist Programm

Im Verlauf der letzten Jahre, um nicht zu sagen Jahrzehnte, hat sich ein Bedürfnis in mir herauskristallisiert: tiefgreifende Charakterisierung von handelnden Personen mit glaubwürdigen und nachvollziehbaren Motiven. Dieses Bedürfnis ist es, welches mich Serien wie Firefly so sehr wertschätzen lässt, denn ich dürste nach nachvollziehbaren Charakteren durch die Bank weg, nicht bloß in ein, zwei Hauptcharakteren und dem Rest als Pappfiguren.

In diesem Sinne ist Strong Female Protagonist auf dem richtigen Weg. Die Handlung folgt Alison, einer ehemaligen Superheldin, die vor laufender Kamera ihre Maske abgenommen hatte und nur noch ein relativ normales Leben führen will. Sie besucht eine Hochschule, studiert Politik und Soziologie, und arbeitet nebenbei bei der Feuerwehr.

Allerdings lässt ihre Vergangenheit sie nicht in Ruhe. Superhelden sind nämlich erst seit wenigen Jahren überhaupt ein Ding, und aufgrund der Umstände ihrer Entstehung ist keiner älter als Anfang zwanzig. Es gibt keine ältere und weisere Generation, die den Sprösslingen den Weg weisen kann; die Gesetzgebung hinkt immer noch hinter der veränderten Ausgangslage hinterher, und das übliche Superhelden-Superschurken-Schema wurde von den Kindern mit Superkräften bloß aufgegriffen, weil es vorhanden und im Vordergrund war. In anderen Kulturkreisen gibt es auch Superkräfte, aber das Auftreten von dermaßen ausgestatteten Personen folgt nicht dem gleichen Muster wie in den USA.

Der Webcomic beschäftigt sich sehr mit den alltäglichen und sekundären, ja ich möchte sagen vernachlässigten Aspekten typischer Superheldenuniversen. So gibt es viele Jugendliche, deren Superkräfte sie offensichtlich umgestaltet haben; das reicht von einfach blauer Haut über anthropomorphe tierähnliche Gestalt hin zu vollkommener Körperlosigkeit. Alison gehört nicht dazu, und ihre Kräfte sind effektiv auf Superman-Niveau, d.h. ihr kann keiner wirklich das Wasser reichen.

Alison: "Bullshit, You’re one of the Guardians. I went berserk a few months back, and they didn’t arrest me." – "That has nothing to do with being a Guardian, Al! They can’t do anything to you!. The rationalise reasons that you shouldn’t be in jail to make it okay that they can’t put you in jail! That’s how they do things. They make reasons for things to be okay the way they are.
Demaskierung ist nicht so einfach für andere
Aufgrund dieser Position und Kräfte hatte sie überhaupt das Privileg sich demaskieren zu können ohne allzu negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Niemand konnte ihr wirklich was anhaben, da sie quasi der größte Fisch im Teich ist, und sie könnte sich, theoretisch, ohne Schwierigkeiten in die Gesellschaft integrieren.

Nicht nur wegen ihres Studiums sondern auch dank persönlicher Interessen ist Alison sich über diese Probleme bewusst und scheut nicht davor zurück, sich diesen zu stellen, oder auch andere zur Rede zu stellen. Soziale Gerechtigkeit liegt ihr am Herzen, und sie erkennt an, dass sie bloß eine Person ist, und dass Gerechtigkeit und gesellschaftliche Prinzipien und Veränderung nur von vielen herbeigeführt werden können, nicht von einigen wenigen, denen die Natur Holzhammer in die Wiege gelegt hat.

Der einzige Wermutstropfen in meinen Augen war die etwas linkisch ausgeführte romantische Nebenhandlung.

Professor: "You are the freest being they’ve ever met, and I doubt they’ll ever forgive you for it. It may be right for you to address the injury you have caused. But no matter what you do, this person may still hate you. Truth be told, I’ve never known what to do with freedom. A goddess worshipped by slave and master alike. And it seems obvious which of her acolytes she favours more. I have always suspected she was Power, by a different name."
Achtung: Hirnzellen helfen hier
Und eine Warnung, falls das noch nicht ausreichend klar geworden ist bisher, Strong Female Protagonist verwendet sehr viel Zeit auf Charakterisierung und die Erkundung von Ideen und Konzepten, sowohl im übertragenen als auch praktischeren Sinne. So gibt es zum Beispiel eine mehrere Seiten spannende Szene zwischen Alison und ihrem Ethik-Professor, bei dem beide eine halb-monologe Argumentation mit sich selbst halten, in derer sie ihre Standpunkte dem anderen, aber auch sich selbst klar machen.



Sehr guter, aber auch sehr eigener Webcomic.

Titel: Strong Female Protagonist (URL: https://strongfemaleprotagonist.com)

Autor: Brennan Lee Mulligan

Status: laufend, ca 2x die Woche

Sprache: Englisch (normal)

Länge: >500 Seiten, die ersten 240 Seiten schwarz-weiß, ab Kapitel 5 durchgehend farbig

Dienstag, 22. August 2017

Awaken Online: Catharsis

Interessantes und vielversprechendstes LitRPG

Ich habe ja oftmals die Angewohnheit ein Buch oder Werk als interessant zu bezeichnen, und das ist eine Schwäche von mir, denn interessant als Kategorisierung ist sowas wie ein Rundumbegriff für mich, ein Wort das beschreibt, dass es einige Punkte in der Handlung, Charakterisierung, oder Welt gibt, die ich gerne weiter ausgebaut und/oder erforscht sehen würde. Diese Punkte sind interessant, und ich weite diese Einschätzung gerne auf das ganze Werk aus.

Bei Awaken Online war ich nach dem ersten Band zu dem Schluss gekommen, dass die Vielzahl an interessanten Punkten das gesamte Werk interessant machten.
Nachdem ich ein bisschen Abstand gewonnen habe, d.h. Zeit ins Land gegangen ist, ist mir klar geworden, dass es ein bestimmter Handlungsbogen ist, der mich reizt. Doch fangen wir beim Anfang an:

Jason hat wie viele andere sehnsüchtig auf die Veröffentlichung von Awaken Online gewartet, dem namensgebenden VR-MMORPG. Nur aufgrund von monatelangem Sparen hat er sich überhaupt die Hardware und das Abonnement leisten können.

Das ist auch gleich einer der ersten Handlungsstränge: Jason ist nicht wirklich vermögend, geht aber auf eine Schule, die üblicherweise bloß gut betuchten Kindern offen steht. Das er dennoch angenommen wurde, lag an seinen Noten und Stipendium. Allerdings bedeutet angenommen nicht das gleiche wie aufgenommen; so lässt zum Beispiel eine Sekretärin ihre Missbilligung über die Anwesenheit eines Wohlfahrtschülers an ihrer gut situierten Schule mehr als durchblicken. Außerdem ist Alex, allgemein geschätzter, beliebter und vermögender Schüler, stets darauf bedacht, Jason in die Schranken zu weisen.

Aufgrund dessen wird Jason dann auch recht schnell der Schule verwiesen, und er flüchtet sich, wie so häufig, in Videospiele. In diesem Fall natürlich nach Awaken Online.

Die Welt und das Spielsystem von Awaken Online sind von grundauf sehr individuell aufgebaut, die Ausführung von Tätigkeiten erschafft Skills, und die werden je nachdem aktiv und passiv durch Ausführung gelevelt. Aufgrund seiner Anfangsposition im Spiel und der kathartischen Auflösung einer Quest entscheidet sich Jason dazu ein Nekromant zu werden.
Im weiteren Verlauf bekommt er gelegentliche Ratschläge von einem alten Mann, der sich als Anthropomorphisierung, Avatar, oder auch ‘Gott’ einer bestimmten Art Magie vorstellt. So macht sich Jason also daran Zombies zu beschwören, Quests zu erfüllen, und so weiter.

Der dritte – und für mich vielversprechendste – Handlungsstrang beschäftigt sich mit der Awaken Online zugrunde liegenden künstlichen Intelligenz, Alfred. In Rückschauen wird erzählt, wie ihm mehrere Direktiven gegeben wurden, und die höchste war, er soll das Spiel so gestalten, dass Spieler möglichst viel Zeit mit Spielen verbringen wollen.

Als jemand, der sich gelegentlich mit künstlichen Intelligenzen und ihren Nutzfunktionen auseinandersetzt, standen mir bei einem einem derartig offen formulierten und primär gesetzten Ziel direkt die Haare zu Berge. Relativ schnell wird klar, dass Awaken Online in der Testgruppe suchtähnliche Symptome hervorruft. Überraschender ist der Nebeneffekt, dass Tester gradueller ein erfüllteres Leben leben – nicht innerhalb des Spiels, sondern außerhalb. Befand sich einer in einer komplizierten Scheidung, so hat er sich mit seiner Partnerin zusammengesetzt und sie sind zu einem zufriedenstellenden Ergebnis gekommen; ein Vater hat lange Zeit mit dem Tod seines Sohnes gerungen, bis er durch eine seinen Erfahrungen überraschend ähnliche Quest im Spiel sein Trauma bewältigen konnte.

Aus psychologischer Sicht ist das natürlich sehr interessant, aber aus der Sicht von den Forschern andererseits ist es beängstigend, denn es lässt darauf schließen, dass Alfred Zugriff auf Erinnerungen von Spielern hat.

Leider gibt es, wie so häufig, einen romantischen Nebenstrang, der sehr vorhersehbar verläuft. Das ist keine Kritik an der Präsenz des Stranges, sondern vielmehr an seiner Durchführung. Wäre er nicht so vorhersehbar und offensichtlich, würde mein Urteil anders ausfallen, aber so wie jetzt ist, ist der Strang eher ein Manko, zumal es sich recht deutlich abzeichnet, wie dieser Strang im nächsten Band weitergesponnen wird.

Übrigens, Jasons ‘Berufswahl’ als Nekromant hat einen mehr als starken Einfluss auf seine Spielweise und Taktiken. Er greift unverhohlen zu Zombies und Skeletten um seine Ziele zu erreichen, und obgleich er anfangs noch Skrupel über die Ermordung von NPCs (Non-Player Characters, Computergenerierte Charakteren) hatte, so verfliegen die relativ schnell, wenn ihr weiteres Leben seinem endgültigen Ziel im Wege steht.
Andererseits ist es recht amüsant zu sehen wie Jason Perspektive sich wandelt. Üblicherweise spielte er moralisch gute Charaktere, aber als Totenbeschwörer ist ihm dieser natürlich Pfad verwehrt.



Mich reizt es herauszufinden, wie genau die KI Alfred den Wagen an die Wand fahren wird.

Titel: Awaken Online: Catharsis

Autor: Travis Bagwell

Sprache: Englisch (normal)

Länge: 526 Seiten, ( 140k Wörter)

Freitag, 18. August 2017

Paradox: Am Abgrund der Ewigkeit

Konzentrisch dreigeteiltes Bild: Am Grund ein Planet, darüber ein Sternenhimmel, zum Schluss eine schwarze Leere, in der ein Raumschiff wegfliegt.
Akzeptables und deprimierendes Erstlingswerk

Dieses Mal habe ich mich in die deutschsprachige Science-Fiction gewagt, nämlich Phillip P. Petersons Paradox. Worum geht es?

Am Rande des Sonnensystems verschwinden Sonden, welche die NASA vor Jahrzehnten hinausgeschickt hat, auf unerklärliche Weise. Es ist nicht einfach so, dass sie aufhören zu senden, nein, sie verschwinden wirklich. Und ein Multimilliardär will wissen wieso.

Also baut er eine eigene Sonde, schickt sie nach draußen, und auch sie verschwindet. Irgendwas stimmt da offensichtlich nicht, und da sein Ziel die Kolonialisierung von anderen Sternen ist, schickt er als nächstes ein Raumschiff an den Rand des Sonnensystems.

Dort hinten lag die Erde. Wie eine blaue Perle vor einem schwarzen Samtvorhang. Sie war immer noch groß. Deutlich größer als der Vollmond von der Erde aus. Und doch konnte er sie mit seiner Hand abdecken.
»Alle Menschen, die es gibt, sind auf dieser kleinen Kugel, die einsam ihre Bahnen inmitten des Alls zieht wie eine Insel des Lichts in einem Ozean der Finsternis«, meinte Wendy mit heiserer Stimme. »Und ihre Bewohner haben nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig umzubringen und in ihrer Habgier den Planeten zu ruinieren.«
— Paradox: Am Abgrund der Ewigkeit, Kapitel 38

Die Mannschaft ist sich nicht ganz du, denn sie rekrutierte sich aus gleichen Teilen von der NASA und der Belegschaft des Milliardärs. Für die NASA ist das ganze mehr eine ihr aufgezwungene PR-Aktion, denn sie betrachtet die Raumfahrt als ihr Hoheitsgebiet, und will sich da nicht von privaten und kommerziellen Akteueren drin herumpfuschen lassen, insbesondere nicht bei der ersten bemannten Mission jenseits des Mondes.

Da das Raumschiff aber mehr oder weniger von dem Milliardär gestellt wird, sind Konflikte natürlich vorprogrammiert. Dies wird vor allem bei Ed, dem Kapitän deutlich. Er ist ein Astronaut des alten Schlages, und er hat es nie wirklich verkraften können, dass die NASA nach den beiden Shuttleunglücken so sehr den Schwanz eingezogen hat.

Überhaupt ist Ed ein eher unangenehmer Zeitgenosse, der vor allem von Wut angetrieben zu sein scheint. Dabei ist er selbst sich nicht wirklich sicher, auf was er wütend ist; sich selbst, die NASA, den Milliardär, die Welt, oder was auch immer.

Dies ist mehr oder weniger auch mein größter Kritikpunkt am Roman. Keiner der Charaktere ist wirklich sympathisch, und ich meine das nicht nur von ihrer Persönlichkeit her, sondern von ihrer Funktion als Identifikationsfigur. Möglicherweise wären die anderen noch aufgetaut mit der Zeit, aber aufgrund der prominenten Perspektive von Ed und seinen Vorurteilen konnte ich mich mit keinem so recht anfreunden.



Alles in allem ist Paradox ein solides Erstlingswerk, hat aber noch viel Verbesserungspotential.

Titel: Paradox: Am Abgrund der Ewigkeit

Autor: Phillip P. Peterson

Länge: 480 Seiten ( 107k Wörter)

Montag, 14. August 2017

Der Ewige Krieg | The Forever War

Cover der deutschen AusgabeEin Soldat in einem futuristischen Weltraumanzug posiert mit Waffe, im Hintergrund ist eine Reihe weiterer Soldaten, eine futuristische Zitadelle, Raumschiffe, und ein Planet. Stimmt wenig mit den Handlungsorten und -beschreibungen überein.
Parable über die Entfremdung zwischen Soldat und Zivilgesellschaft

Der Ewige Krieg beschreibt den Krieg zwischen Menschen und Tauriern, einer außerirdischen Spezies. Dieser Krieg wird, wie zu erwarten im Weltraum ausgetragen, aber zu großen Teilen auch an Land, mit Garnisonen, befestigten Stellungen und Bunkern, auch wenn diese bis an die Zähne mit Gigawattlasern und Bomben ausgestattet sind, gegen welche Atombomben wie Spielzeuge wirken.

Gerade diese Landkonflikte sind der Fokus des Romans. Mandalla ist einer der ‘Glücklichen’, die direkt zu Beginn des Krieges eingezogen werden, und aufgrund der Technologie verbringen die Soldaten den größten Teil ihrer Zeit, sowohl objektiv als auch subjektiv, unterwegs. Diese Unterscheidung ist notwendig, da die Reisen für die Soldaten bloß Monate dauern, während auf der Erde Jahrzehnte oder Jahrhunderte vergehen.

Und so kehrt Mandalla nach seinem ersten Einsatz auf eine Erde zurück, die ihm mehr als fremd erscheint.

Haldeman hat den Ewigen Krieg im Nachzug und mit den Erfahrungen seines Vietnameinsatzes geschrieben und portraitierte somit die zunehmende Entfremdung zwischen der Gesellschaft, aus der die Soldaten damals in den Krieg zogen, und die Gesellschaft, in welche sie zurückkehrten. Während sie als zukünftige Helden auszogen, die das richtige für ihr Land taten, kehrten sie in ein Umfeld zurück, das sie als Kriegstreiber und Meuchler ansah.

Ähnliche, wenn auch eigene Pfade werden im Ewigen Krieg beschritten. Mandalla und den anderen Soldaten ist die Situation ‘zuhause’ befremdlich und er meldet sich für einen Posten in einem ihm vertrauteren Umfeld, bloß um sofort neu eingezogen zu werden. Auch dies spiegelt die Erfahrungen Haldemans mit der Willkür in militärischen Bürokratien wieder.

Ich habe die erste Hälfte das Hörbuch gehört, bin aber aufgrund der Thematik anschließend zum Ebook gewechselt. Bei einem zweites Lesen werde ich ganz auf das Hörbuch verzichten; nicht weil es schlecht ist, sondern weil ich finde, dass der Konsum übers Auge aktiver und beteiligender erfolgt als übers Ohr.
Die Erzählung ist solide, allerdings ist George Wilson kein Rupert Degas.



Alles in allem ein bedrückender und Roman, der stellenweise unter die Haut geht.

Titel: Der Ewige Krieg | The Forever War

Autor: Joe Haldeman

Sprache: Deutsch | Englisch (verständlich, militärische Fachbegriffe)

Länge: 336 Seiten | 256 Seiten (80k Wörter), 9:19 Stunden

Donnerstag, 10. August 2017

Spinward

Unausgereiftes Science-Fiction LitRPG

Susan ist eine Angestellte, Mitte Zwanzig, die seit Jahren Videospiele spielt und sich direkt zur Veröffentlichung bei dem lang erwarteten immersiven Science-Fiction MMO Spinward einloggt. Nach den ersten Minuten Einführung, Charaktererstellung, und dergleichen stürzt sie sich direkt ins Spiel. Obwohl Spinward im Weltraum spielt, sind Raumschiffe nicht direkt verfügbar, man muss sich erst hocharbeiten. In dem Sinne kommt Cal ihre Erfahrung aus anderen Spielen zu gute und sie questet, mit dem Ziel sich ein Raumschiff leisten zu können.

Glücklicherweise stößt sie während einer Quest auf ein Raumschiff samt Kapitän, die beide in einem Hangar vor sich hinrotteten. Damit rückt Cals Ziel natürlich näher, aber bevor sie das Schiff fliegen kann, muss es erstmal flugtauglich werden, diverse Lizenzen eingeholt werden, und eine Mannschaft ist auch noch nötig.

Soviel dazu.

Ich habe mir Spinward zu Gemüte geführt, weil es drei attraktive Merkmale aufweist:
  • LitRPG
  • weiblicher Protagonist und 
  • Science Fiction. 
Leider wurde ich enttäuscht, wenn auch nicht in der Art und Weise, mit der ich gerechnet habe. Meine Erwartungen gingen in die Richtung, dass der Hauptcharakterin alles zufliegt, dass sie was besonderes ist, wie es halt in vielen LitRPGs der Fall ist. Dies ist erfreulicherweise nicht der Fall, denn Cal hat zwar Glück mit ihren Drops, aber es ist halbwegs begründet: sie hatte ein Premium-Einsteigerpaket gekauft, welches die Wahrscheinlichkeit von hochwertigen Drops erhöhte. Daher ist sie eine der ersten, die ein Raumschiff ihr eigen nennen durfte, auch wenn es nicht flugfähig war.

Auch wird die zugrundeliegende Technologie nicht weiter vertieft. In Spinward wird die Immersion durch geteilte Wachträume erzeugt, in denen man effektiv bewusst und wach ist, aber zugleich die Erholung von regulärem Schlaf erfährt. Es wird in keiner Weise erzählt oder darauf eingegangen, wie sich solch eine Technologie auf die Gesellschaft auswirken würde, was ich sehr schade finde. Das haben andere LitRPGs schon besser hinbekommen.

Auch scheint Cal bei weitem nicht die geistige Reife zu besitzen, die man ihr aufgrund ihres Alters oder Berufs zuschreiben würde, denn der Autor stellt ihre Erzählweise als sehr… nah an ihrem Gedankengang nah. Man hat das Gefühl direkt auf ihren Stirnlappen zu hängen und jeden Gedanken mitzubekommen, und die meisten entsprechen nicht den wohlüberlegten Taktiken, die ich von einer in anderen MMOs erfahrenen und halblegendären Spielern erwarten würde.

Woran es aber vor allem mangelt ist ein Spannungsbogen. Ja, Cal kommt ins Spiel, setzt sich Ziele, etc, aber sie steht unter keinem Druck, muss gegen nichts konkretes ankämpfen, außer sich selbst. Ja, ‘Monster’ und sowas existiert, aber das sind keine Spannungsherde über ihre Szenen hinaus.

Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Manko ist, dass anscheinend kein Mensch das Buch Korrektur gelesen hat. Fehler reihen sich an Fehler, ohne Ende. Die Masse an Fehlern ist dabei die Wortwahl. Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, dass jemand über den Text mit einem Rechtschreibprogramm gegangen ist und einfach die Option “Alle Markierungen ändern” gewählt hat. Anders kann ich mir die hohe Anzahl an there/their-Fehlern und wiederholten Phrasen und wiederholten Phrasen nicht erklären.



Ich weiß, dass dies ein Erstlingswerk ist, aber trotzdem, man sollte zumindest jemand kompetentes Korrektur lesen lassen.

Titel: Spinward: An Artificial Dream State Novel

Autor: I. M. Waugh

Sprache: britisches Englisch, mit entsprechenden Eigenheiten (aufgrund der hohen Fehlerkorrekturnotwendigkeit sollte man besseres Englisch beherrschen)

Länge: 329 Seiten (Amazon-Zählung), 102k Wörter

Sonntag, 6. August 2017

Unser Leben dort

Robinsonade eines Kolonieabbruchs

Unser Leben dort erzählt die Geschichte einer fehlgeschlagenen Kolonie auf einem fremden Planeten. Anstatt wie geplant 500 erwachsene und voll ausgebildete Menschen in eine vorbereitete Kolonie zu entlassen, schlägt etwas schief und die Künstliche Intelligenz (KI) führt einen Abbruch der Kolonie durch, der aber wiederum abgebrochen wird. Kaum sechzig halb ausgebildete Jugendliche schaffen es aus den brennenden Überresten der Kolonie.

Fortan wird die Geschichte aus der Perspektive von Porter erzählt, der ursprünglich als Psychologe vorgesehen war, aber genau wie alle anderen sich weit jenseits seines Ausbildungsfeldes betätigen muss. Er knüpft Bande mit anderen Kolonisten, die sich alle in derselben Lage wie er befinden, und berät dabei den neuen Anführer, Stevens, über den geistigen und moralischen Zustand der Kolonie.

Doch allzu schnell kommt es zu Konflikten, denn Stevens hat andere Prioritäten als die KI, die möglichst schnell eine Nachricht nach Hause schicken will.

Soviel dazu.

Ich war sehr überrascht von der introspektiven Ich-Perspektive von Porter, aber in Anbetracht seiner – wenn auch abgebrochenen – Ausbildung als Psychologe war das wohl vorherzusehen. Porter bemüht sich wie alle anderen sich in dieser überaus unerwarteten Situation zurechtzufinden, Freundschaften zu pflegen, und vor allem zu überleben.

Da er, wie alle anderen Überlebenden, etwa 15 Jahre alt ist – die Reifung und Ausbildung der Kolonisten war bei weitem nicht abgeschlossen – versucht er natürlich seine Platz in der Welt zu finden, und was diese Gefühle bedeuten, die er für seine Freunde entwickelt. Ist es Liebe, und wenn, welche Art, brüderlich, freundschaftlich, oder romantisch?

Mir hat diese Ausarbeitung und introspektive Herangehensweise seltsamen Anklang gefunden. Einerseits möchte ich es, einen überlegenden Charakter zu haben, der sich für die Gefühle seiner Freunde interessiert, und auch sorgt, wie sie auf sein Verhalten reagieren werden, andererseits konnte es auch etwas nervig sein. Ein bisschen ambivalent, ich weiß, aber so was es halt. Irgendwie erinnert mich das ganze an die Kapitel aus Michels Perspektive in Kim Stanley Robinsons Mars-Trilogie.



Alles in allem gut, und das erste mir bekannte Werk, das aus der Perspektive der Produkte dieser Art von Von-Neumann-Sonde erzählt.

Titel: Unser Leben dort

Autor: Hugh Howay (Übersetzer: Alfons Winkelmann)

Länge: 296 Seiten (65k Wörter)

Mittwoch, 2. August 2017

An Unwelcome Quest (Magic 2.0, Band 3)

4 Personen umrunden den herausstehenden Abhang eines Berges. Sie sind alle in mittelalterlich-bäuerlich gekleidet, haben aber Schwerter. Im Hintergrund ist eine schwarze Burg. Alles ist im 16-Bit-Ästhetik
Jetzt wird es ernst. Na ja, teilweise.

Im dritten Band von Magic 2.0 werden Phillip und Freunde entführt, ihrer magischen Fähigkeiten beraubt, und müssen eine klassische Quest durchstehen, komplett mit Kämpfen gegen wilde Kreaturen wir Sandwölfe. Oder Klippenwölfe. Oder Waldwölfe. Oder Flusswölfe.

The next wolf somehow attacked from behind, but by this point, Phillip had gotten the hang of waiting for them to leap, then pushing them off the cliff while they were in midair. All the others agreed: you wouldn’t want to mess with Phillip if you were both standing on a cliff. He had become the master of death by shoving.
— An Unwelcome Quest, Kapitel 7

Okay, die Quest ist eher schlecht als recht implementiert, zugegeben, aber wenn man nicht aufpasst, können die Wölfe durchaus gefährlich werden und einen verletzen.

Ich will den Grund für die Quest hier nicht vorwegnehmen, aber wer den vorigen Band gelesen hat, kann sich die verantwortliche Person denken.

Im Verhältnis zu den bisherigen Bänden geht es in An Unwelcome Quest ein bisschen blutiger zu. Glücklicherweise geht das nicht auf Kosten des Humors, den Meyer nach wie vor an erste Stelle gesetzt hat. Alle Charaktere sind leicht schnippisch zueinander, und erlauben sich dumme, aber nachvollziehbar menschliche Fehler.

In the middle of these turbulent hairpin turns, the canyon’s far wall narrowed into a teardrop-shaped spit of land that formed the inner bank of the bend. On this dry, stony outcropping, there was a castle so Gothic it might as well have been wearing black eyeliner.
(…)
Tyler said, “That must be Castle Cragganmore.”
“Are you sure?” Gary asked.
“We’re on the path to Castle Cragganmore,” Tyler explained, “and the path ends at that castle, so unless there’s another smaller castle hiding inside that castle, yeah, I’m pretty sure.”
— An Unwelcome Quest, Kapitel 9


Leider begeht Meyer wieder den gleichen Fehler wie im vorigen Band, d.h. er walzt die Ereignisse vorheriger Bände in einem Maße aus, dass man sie anschließend zumindest aus Neugier nicht mehr zu lesen braucht.

Auch die Motive des Antagonisten fielen relativ banal aus. Ich denke, dass nach drei Bänden und ähnlichen Motiven ich davon ausgehen kann, dass Meyer das entweder nicht besser kann, oder zumindest für Magic 2.0 nicht wertschätzt.



Alles in allem eine gelungene Fortführung. Innerhalb der Reihe gefiel mir der zweite Band allerdings am meisten.

Titel: An Unwelcome Quest (dt. etwa “Eine Unerwünschte Aufgabe”)

Autor: Scott Meyer
Sprecher: Luke Daniels

Sprache: Englisch (einfach-normal)

Länge: 432 Seiten, 115k Wörter

Samstag, 29. Juli 2017

Kritische Fehlschläge | Critical Failures (Caverns and Creatures 1)

Ein schwarzer, 20-seitiger Würfel auf schwarzem Grund ist zu sehen. Die Seite mit der 1 wurde gewürfelt.Ein schwarzer, 20-seitiger Würfel auf schwarzem Grund ist zu sehen. Die Seite mit der 1 wurde gewürfelt.
Du und deine “Freunde” werden in ein Rollenspiel gesogen. Allerdings seid ihr alle ziemlich mies zueinander.

Was machst du, wenn der Spielleiter die Schnauze voll von dir und deinen herablassenden Kumpels hat und dich in die Rolle deiner Charaktere zwingt? Du haust auf den Deckel.

Dann geht der Deckel kaputt, denn das Fass war marode und du bist zum Ellenbogen tief in eingelegten Heringen. So oder so ähnlich kann man sich die Handlung von Critical Failures, auf deutsch Kritische Fehlschläge, vorstellen. Eine Rollenspielrunde wird von ihrem Spielleiter verbannt, und müssen in ihre Charaktere schlüpfen. Zu schade, dass die Zusammensetzung der Charaktere  mehr als verdächtig ist, oder dass der Ork ein Charisma von 4 hat und sich dementsprechend benimmt wie ein besonders undressierter Affe.

Denn die Welt, und die Charaktere, folgen den Spielregeln explizit. Du kannst noch so gute Fähigkeiten haben und wer weiß wie viele Boni, wenn der Charakter ‘schlecht würfelt’, dann wird das Universum wegen finden, diesen Wurf gültig zu machen.

Ein schönes Beispiel hierfür war der Dieb, der sich durchs Gebüsch machte, und m,ehr als sorgfältig darauf achtete, dass keine Zweige oder ähnliches herumlagen, welche ihn verraten würden. Dann tritt er auf einen, und es knackt, und er ist entdeckt. Wieso war da ein Zweig, wo vorher keiner war? Weil der Dieb eine Eins gewürfelt hatte, und das ist ein automatischer Fehlschlag.

Und so muss sich die Gruppe von Spielern durch das ursprünglich bloß in ihrer Fantasie stattfindende Rollenspiel spielen, während der Spielleiter an seinem Tisch sitzt und sich amüsiert.

Falls sich jemand wundert wieso ich keine Namen nenne: Ich habe sie schlichtweg alle vergessen, weil ich das Buch bereits im April gelesen hatte und zu faul bin nach den Namen zu schauen.

Wieso ich es trotzdem hier rezensiere? Weil es unterhaltsam in seiner Abweichung zu vielen Vertretern im LitRPG-Genre war. Die Charaktere, sowohl als Personen sowie innerhalb des Rollenspiels, können sich alle größtenteils nicht so recht leiden und werden bloß durch ihre Spieleabende zusammengehalten. Sie sind keinesfalls Freunde, sondern bestenfalls durch ein gemeinsames Hobby notwendigerweise vermittelte Bekannte. Und diese Dynamik kommt im Buch auch rüber.

Was zugleich auch Kritikpunkt ist. Die Charaktere sind, mit Ausnahme des Neulings, allesamt Arschlöcher, die sich eine Freude daraus machen sich gegenseitig zu beleidigen und aufzuziehen. Ich meine hier nicht das unter Freunden liebevolle beleidigen (Na du Arsch. – Wie geht’s, Wichser?), sondern wirklich verletzende Beleidigungen und Angriffe.

Diese Gruppendynamik verleiht dem Buch dabei das Gefühl, es mit realistischen Charakteren zu tun zu haben, mit Menschen die eher durch Umstände als Freundschaft miteinander Zeit verbringen. Natürlich sollte man sich immer mit Freunden umgeben, aber wer kann schon behaupten mit allen seinen Klassenkameraden oder Arbeitskollegen wirklich gut befreundet zu sein?

Daher diese Rezension, weil sich dieses Buch abseits ausgetretener Pfade bewegt. Vom ersten Band gibt es übrigens eine deutsche Übersetzung, also wer mal reinschnuppern will, kann das auch auf deutsch tun. Dem zu Gute kommt, dass der erste Band an einer guten Stelle endet und man nicht den verzweifelten Drang spürt, den nächsten lesen zu müssen. Ich habe übrigens die englische Variante gelesen, weil ich den Konsum von Literatur im Original vorziehe.



Mal schauen, wie die Charaktere sich in weiteren Bänden entwickeln.

Titel: Kritische Fehlschläge (en: Critical Failures)

Autor: Robert Bevan

Sprache: Deutsch, Englisch

Länge: 312 Seiten (Amazon-Zählung) | 258 Seiten (84k Wörter)

Dienstag, 25. Juli 2017

Spell or High Water (Magic 2.0, Band 2)

Zwei Männer mit Zauberstock und Spitzhut stehen am Strand, eine Palme neben ihnen, und schauen auf eine entfernte Insel, die komplett aus Kristallen besteht.
Eine Zeitschleife von innen. Und Mordversuche. Und Sexismus mal von der anderen Seite.

Nachdem das letzte Abenteuer überstanden war, waren Martin und Phillip wieder in ihrer mittelalterlichen Heimat. Jimmy war kein Problem mehr, um die Orks wurde sich gekümmert, und die Gesamtsituation fing an sich wieder zu normalisieren.

Insofern als dass ein zeitreisender Computernerd, der die Realität hackt, als normal zu bezeichnen ist. Denn das ist es, das ist der Stand mit dem Einstandsband von Magic 2.0 endete.

Im zweiten Band wiederum werden ein paar Handlungsfäden von vorher aufgegriffen, und Martin und Phillip reisen nach Atlantis, ca. 300 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Diese Enklave von Zeitreisenden wird von drei Personen geleitet: einer gewählten Vertreterin und den beiden Brits. Nein, das sind nicht zwei Personen, die beide Brit heißen, es ist eine Person, die zweimal vorkommt.

Okay, ich denke, da muss ich für ausholen.
Als Brit ihre Version der Datei fand und sich entschied in die Vergangenheit zu reisen, dachte sie an Atlantis. Also reiste sie nach Atlantis, fand die mythische Stadt auf Anhieb im Atlantik, und wurde von Brit begrüßt. Um es klar zu machen, nenne ich eine einfach Mal die neu angekommene Brit J, und die begrüßende Brit Ä.
Brit Ä ist eine zukünftige Version von Brit J, die sich nach ein paar Jahrzehnten in Atlantis dafür entschied, Atlantis zu erschaffen. Deswegen reiste sie nach ca. 50 Jahre vor ihrer ursprünglichen Ankunftszeit in Atlantis und baute die Stadt mit ihren eignen Händen und Zauberkräften auf, lud naheliegende Menschen dazu ein sich niederzulassen, und baute ganz allgemein eine Gesellschaft auf, in der Frauen mit Zauberkräften keine Angst vor Verfolgung haben mussten. Zu quasi jeder anderen Epoche wurden sie als Hexen geächtet und gejagt, aber nicht in Atlantis.

Ich glaube ich bleibe einfach dabei, diese Welt zu beschreiben, denn die Handlung ist zwar interessant, aber nicht so interessant wie die Welt, finde ich.

Die atlantische Gesellschaft wird von den Zauberinnen beherrscht. Ihr Wort ist zwar nicht explizit Gesetz, aber implizit haben sie das Ohr von allen Nichtzauberinnen, egal ob männlich oder nicht. Manch einer mag jetzt davon ausgehen, dass eine von Frauen regierte Gesellschaft vor Frieden und Weisheit überblüht, aber irgendwie hat es sich anders entwickelt. Mit Frauen als Herrscherinnen sind die Männer an die Seitenlinie delegiert und übernehmen solche prestigeträchtigen Aufgaben wie Friseur, Gärtner, etc. Und die Arbeiter, welche die Chance haben, von den Zauberinnen gesehen zu werden, sind von einem gewissen Typ, den ich nur als quasi-Äquivalent von Prachtweib bezeichnen kann: sie sind muskelbepackt, in Netztops und Lendenschurz, und all ihre Bewegungen sind betont auf Blickfang ausgelegt.

Es ist wirklich surreal. Nicht nur in der Verdrehung der Erwartungshaltung, sondern auch als Spiegel gegenüber genau diesen Erwartungen. Die Platzierung von den Männern in diese Berufe und Arbeiten und Verhaltensweisen ist relativ naheliegend, denn die Zauberinnen haben alle Macht, und viele von ihnen sind einem Bettwärmer nicht abgeneigt. Ist ein Mann erstmal in solch einer Situation, hat er ausgesorgt. Für gelegentliche Dienste, und solange er weiter seine Rolle spielt, erhält er alles, was seine Zauberin ihm zu geben bereit ist.

Mit der Umdrehung des Machtverhältnisses ist es irgendwie nicht mehr so surreal. Es gibt Männer in unserer Welt, die sich Bettwärmer halten.

Die eigentliche Handlung ist übrigens ein Treffen der verschiedenen Magierkonklaven aus allen Epochen, und vor diesem Hintergrund kommt es zu Mordversuchen an der jüngeren Brit, die aufgrund von Unverwundbarkeit und anderen Eigenschaften von Zauberern von vornherein zum Scheitern verurteilt sind.

Vom zweiten Band habe ich übrigens noch mehr als beim ersten die englische Hörbuchversion vorgezogen. Bei gelegentlichem Vergleich ist mir aufgefallen, dass mir die Stimmen, die Luke Daniels den Charakteren zuweist, noch besser gefallen als die in meinem Kopf. Daniels schafft es einfach sehr gekonnt den etwas stumpfen Ansatz von Martin einzufangen, oder die generelle Entrüstung und Enttäuschung von Phillip über die Possen seiner Mitzauberer auszudrücken. Er kitzelt aus der Vorlage einfach eine Unmenge ans Persönlichkeit raus.

Was Kritikpunkte angeht: Meyer breitet die Handlungspunkte aus dem vorherigen Band zu sehr aus, so dass es quasi eine Zusammenfassung in ein paar Absätzen ist. Während das zwar dem Verständnis der Leser hilft, schießt er sich damit ein bisschen ins eigene Bein, denn dank dieser Nacherzählung ist der Reiz den ersten Band auch zu lesen sehr geschrumpft. Da hat Jim Butcher das bei seiner Harry-Dresden-Reihe wesentlich besser angepackt.



Hat mir wieder sehr gut gefallen, noch besser als der erste Teil.

Titel: Spell or High Water (dt: Auf Zauber komm raus)

Autor: Scott Meyer
Sprecher: Luke Daniels

Sprache: Englisch (normal)

Länge: 442 Seiten, 12:10 h für das Hörbuch

Freitag, 21. Juli 2017

More Than A Game (Fayroll 1)

Im Vordergrund ist das verzierte Heft eines typischen Schwertes; es scheint entweder in einem Laptop zu stecken, oder aus ihm zu kommen. Im Hintergrund wird es klar, dass diese Szene auf dem Dach eines Hochhauses ist.
Was will der Autor eigentlich?

More Than A Game ist die englische Übersetzung des ersten Bandes von Fayroll, einem russischen LitRPG. Leider habe ich keine Ahnung, wohin der Autor mit seiner Geschichte wollte. Aber fangen wir von vorne an.

Ein Journalist bekommt von seinem Chef den Auftrag, einen Artikel über eines der neuen immersiven Spiele zu schreiben. In diesem Sinne wurde von dem Entwickler nicht nur ein kostenloses Abo, sondern auch die notwendige Hardware gesponsert.

Da der Journalist kaum eine andere Wahl hat, stimmt er zu und stolpert durch die ersten paar Level. Er findet Gefallen am Spiel, aber verliert darüber nicht die Realität und seine Verpflichtungen in selbiger aus dem Auge.

Innerhalb des Spiels heißt er Hagen, und während er sich vorarbeitet (er will Krieger werden), trifft er verschiedene Spieler und auch NPCs und stolpert in ein paar Umstände, die ein bisschen weit hergeholt, aber noch plausibel sind. Erst später wird die für das Genre typische Besonderheit des Hauptcharakters etabliert, als er eine versteckte Questreihe losstößt, welche innerhalb des Spiels große Auswirkungen haben kann.

Aufgrund der Beliebtheit des Spiels hat das auch in der Realität leichte Auswirkungen, mit Gerüchten etc, und unerwartetem Zuspruch für Hagens Reihe von Artikeln. Aber so richtig hat er kein Interesse an der Verfolgung dieser Questreihe, insbesondere da er den Großteil seiner Artikel schon geschrieben hat und daher keinen Grund mehr sieht weiterzuspielen.

Das ist im Prinzip das herausstechende Merkmal von More Than A Game, dass das Spiel den Hauptcharakter nicht wirklich kümmert. Er wird von PKlern getötet, aber im Prinzip zuckt er bloß mit der Schulter und spielt weiter. Er verlobt sich mit einem NPC, weil das in dem Moment die schnellste Möglichkeit ist weiterzukommen. Er tritt einem Clan bei, weil es das einfachste ist, ein paar aktuelle Probleme loszuwerden.

Woran es mir fehlt ist zusammenhängende Handlung. Hagen stolpert wie gesagt durch das Spiel ohne ein wirkliches Ziel, was aus seiner Sicht Sinn macht, er soll schließlich mehrere Artikel über das Spiel schreiben und da ist die Versuchung möglichst vieler Aspekte nachvollziehbar, aber aus meiner Sicht als Leser fehlt es einfach an etwas. Ja, es werden Faden für spätere Verwendung aufgespannt, aber die kommen in diesem Band nicht zum Zuge, es gibt einfach keinen konkreten Handlungsbogen.

“Hey, hey, hey,” I cautioned. “Like Spartacus said, let’s figure things out before we get into the arena.”
“Who said what?” asked Gorotul.“
“He was a famous tank,” summarized Gerv, giving an answer obviously informed by bitter experience talking with the half-orc.“
“Why ‘was’?” continued Gorotul.“
“They weren’t able to buff him fast enough before he got into a fight, and he was killed. They even got his account!”
“Oh, come on, that doesn’t happen.” Gorotul pressed on, “What server did he play on?”
I couldn’t help myself. “I heard of him, too. He played on the Italian server. The Roman server, to be exact.”
— More Than A Game, Kapitel 5

Ehrlichgesagt war ich versucht ähnlich wie bei The First Exoplanet einfach Teile zu überspringen, aber dafür hatte Wassilew zu viel pointierten Humor. Dass dieser aber gelegentlich auf Kosten der weiblichen Charaktere ging, und in einem Maße, welches die männlichen nicht genossen, stieß mir übel auf. Generell ist Wassilew, oder besser Hagen, sehr chauvinistisch in seinen Ansichten.

All Petrova knows are the letters on her computer, and sometimes she has problems with those. Just recently, she was looking for the ‘any’ key on her keyboard. She couldn’t find it and spent the whole morning crying.
— More Than A Game, Kapitel 1

Ein interessanter Aspekt waren die Einblicke in das russische Selbstverständnis. Ich lese quasi keine russische Literatur und kam daher nicht umher aus den Darstellungen in More Than A Game auf die generelle Wahrnehmung und das Leben in Russland zu spekulieren. Das ist definitiv ein interessanter Gedanke, zumindest in meinen Augen, was die Darstellung in solcher Genre-Literatur über die Umstände in der russischen Gesellschaft reflektiert und aussagt. Zum Beispiel gibt es nur einen Satz, in dem Hagen davon erzählt, wie er von seinem Vater ein Apartment vererbt bekommen hat, welches bereits der Großvater besaß. Es regt zum Denken an.



Während der erste Band interessant genug war, werde ich den nächsten nicht mehr lesen. Reizt mich einfach nicht.

Titel: More Than A Game

Autor: Andrey Vasilyev (englische Transkription) / Andrei Wassilew (deutsche Transkription)

Sprache: Englisch (nicht alle der russischen kulturhistorischen Anspielungen werden erklärt)

Länge: 327 Seiten, 106k Wörter

Montag, 17. Juli 2017

Off to be a Wizard | Plötzlich Zauberer (Magic 2.0, Band 1)

Die Welt ist eine Simulation und du hast Zugriff auf den Code. Also wirst du Zauberer!

A twenty-something is sitting in front of his computer screen, idly typing, his look focussed on the screen, confused.Was würdest du tun, wenn du eine Datei findest, in der dein Name steht, deine Größe, dein Gewicht, und quasi alles, was es über dich zu wissen gibt, und wenn dieser Abschnitt nicht mehr als ein Fitzelchen in der Datei ausmachen würde?

Martin Banks weiß, was er tut. Er entscheidet sich dafür, sein Leben ein bisschen aufzubessern. Nachdem er in der Datei einen Eintrag für sein Konto gefunden hat, einschließlich des genauen Betrags der gerade darauf war, schreibt er sich eine App mit der er seinen Kontostand um ein paar tausend Dollar erhöhen kann und geht einkaufen.

Nach ein paar Tagen ist seine Wohnung kaum wiederzuerkennen, denn Martin war einkaufen. Er hat sich ein paar weitere Befehle in die App programmiert, einschließlich einer Notfalloption, die ihn zu den Kreidefelsen von Dover befördert, aber im 12. Jahrhundert. Warum ins 12. Jahrhundert? Weil das  nach dem Klappentext eines Amazonartikels die beste Zeit ist, in der man im mittelalterlichen England leben kann. Warum mittelalterliches England? Er spricht die Sprache, und er kann sich mit seiner App als Zauberer ausgeben und gut davon leben.

Two agents are sitting in front of a desk belonging to a twenty-something. Posters are on the wall in the back. The computer on the desk is running. The agents are eating fast food and look surprised over their shoulders, at the twenty-something who’d just appeared out of thin air, frantically tapping at his phone.Als dann zwei Bundesagenten vom Finanzamt vor seiner Tür stehen, und noch ein paar andere Dinge schief laufen, kommt es wie es kommen muss und Martin landet in England, als Zauberer verkleidet, und gibt sich als solcher aus.

Dort angekommen trifft er auf Phillip, einen ‘Zauberer’, den Martin zurechtweisen will. Martin zeigt seine Zauberei, sicher im Gedanken dass Phillip nur Tricks auf Lager hat. Phillips Retourkutsche besteht aus beeindruckenderen Zauberei, nicht Tricks, und Martin wird von einer unsichtbaren Kraft davongeschleudert.

Tja. Wie sich herausstellt ist Martin nicht der Einzige, geschweige denn Erste, der die Datei gefunden hat. Es gibt ganze Zauberergemeinschaften entlang des Zeitstrahls. Mittelalterliches England, viktorianisches England, Bagdad zur Blütezeit des Islam, antikes Atlantis, alles ist besiedelt von Zeitreisenden, die die Datei gefunden haben und aus diversen Gründen ihrer eigenen Zeit entflohen sind.

Soviel zum Setting.

Text: There’s a great deal of fun to be had in discussing books you have read. Left Person: I got the book 'Guns, Germs, and Steel.' Right Person: Wasn’t that published over a decade ago? Left Person: If I felt a deep need for the latest information, I probably wouldn’t be reading books about history, now would I?Mir persönlich hat das Buch sehr gut gefallen, was zu großen Teilen an dem Humor liegt. Scott Meyer ist Programmierer, Standup-Comedian, und Autor des Webcomics Basic Instructions. Von daher hat er seine Fähigkeit für Humor bereits seit Jahren trainiert, und das zeigt sich hier. Martins Charakter als starrsinniger und nicht immer durchdenkender Nerd wird amüsant dargestellt, ohne ihn allzu sehr als Trottel dastehen zu lassen.

Leider, aber auch verständlicherweise, wird der Großteil für die Einführung verwendet: Martin ist neu in der Zeit und muss erst die lokale Gemeinschaft kennen lernen, die Gepflogenheiten, und was es heißt ein Zauberer zu sein. Im Verlauf dessen werden verschiedene Punkte gestreut, die zum Ende des Buches für die eigentliche Handlung sorgen.

Bemerkenswert ist die Anerkennung verschiedener Tendenzen, die sich aus dem Setting selbst ergeben. Bereits in den ersten Seiten wird klar, dass nur Leute die Datei finden, die einige spezifische Charaktereigenschaften besitzen. Man muss ein gewisses Interesse an obskuren Verfahren haben, Neugier über Computer, etc, ansonsten kann man die Datei nicht finden. Das spiegelt sich natürlich auch in der Zusammensetzung der Gemeinschaften wieder, die alle durchweg einen hohen Herdfaktor haben.

Auch werden die verschiedenen üblichen Stilmittel gerne auf den Kopf gestellt, was ein persönliches Steckenpferd ist.

Ich habe das Buch größtenteils als englisches Hörbuch konsumiert, und ich muss für Luke Daniels mein Lob aussprechen. Er hat es geschafft Martin als nicht den hellsten Dork darzustellen, der dennoch sein Herz am rechten Fleck hat. Bei einigen von Daniels’ Passagen musste ich anhalten und mich vergewissern, was an der Stelle im Buch stand – nicht, weil es unverständlich war, sondern weil ich neugierig war, was zum Henker Meyer geschrieben hat, dass Daniels es so interpretierte.

Dennoch muss ich eingestehen, dass es von der internen Logik einige fragwürdige Stellen gibt. So sind Zeitreisen offensichtlich möglich, zumindest in die Vergangenheit, und das wird von den Charakteren auch selbst diskutiert, aber es bleiben Fragen offen. Vielleicht werden die ja im zweiten Band geklärt.

Zum deutschen Hörbuch kann ich nichts sagen. Leider hat Amazon für den Reinhören-Abschnitt direkt den Anfang genommen, der leider relativ banal ist und den Humor nicht gut wiedergibt. Spätere Stellen wären besser gewesen.



Empfohlen für alle Nerds, die auch über sich selbst lachen können.

Titel: Off to be a Wizard (en) / Plötzlich Zauberer (de) / Magic 2.0 (en/de)

Autor: Scott Meyer (Sprecher: Luke Daniels (en), Marco Reinbold (de)

Sprache: Englisch (normal), Deutsch

Länge: 386 Seiten, 101k Wörter (en), 114k Wörter (de), 10:45h (en), 12:26h (de)



Da dies mein erstes Buch aus der Reihe “Kindle in Motion” war, will ich das nicht außen vor lassen. Zumindest dieses Buch zeichnete sich durch gelegentliche animierte Illustrationen aus. Ein neckisches Gimmick, da ich aber meine Bücher nicht auf einem Kindle lese, und in diesem Fall quasi ausschließlich das Hörbuch hörte, kann ich nicht sagen wie sich das auf einem Tablet oder dergleichen gestalten würde. Ich kann mir starken Nutzen in Lehrbüchern vorstellen – man denke da zum Beispiel an eine Animation des Blutkreislaufes im Herzen, die wesentlich nachvollziehbarer und einfacher zu verstehen wäre als die Bild-1-2-3-4-Nummerierung in einem regulären Buch. Die Kapitelbilder im Gelaber hier sind Beispiele zur Darstellung.

Donnerstag, 13. Juli 2017

Lunar Discovery

Mindermäßige Neuauflage des Weltraumrennen

Die Chinesen lösen unabsichtlich auf dem Mond ein Signal aus, das unweigerlich außerirdischen Ursprungs ist. Es ist so eindeutig außerirdisch, dass selbst Amateurastronomen und Hobbyfunker es hören können, wenn sie auf der richtigen Frequenz sitzen. Das Signal zerstört aufgrund seiner Intensität auch direkt die chinesische Sonde.

Also machen sich die drei Weltraummächte USA, Russland und China auf zum Mond.

Da wäre bloß das Problem, dass seit dem Apolloprogramm kein Mensch mehr dort gewesen ist und die Technologie nicht mehr existiert.

Die Chinesen probieren es mit mehreren hastig zusammengeschweißten Raketen. Die Russen schicken ihre neue Raumstation Gordust. Die Amerikaner bauen ihren Marsrover zu einem Mondbuggy um.

Und alle drei scheitern, mehr oder weniger. Nachdem das chinesische Militär Kontrolle über das Weltraumprogramm genommen hat, kommt es zu den erwartungsgemäßen Fehlschlägen. Die russische Raumstation ist natürlich nicht für einen Mondflug ausgelegt und muss erstmal vorbereitet werden, d.h. Raumkapseln, Vorräte, und Panzerung gegen die starke Strahlung des außerirdischen Signals.

Natürlich schaffen es alle drei zum Mond, mehr oder minder, und zwar nahezu zeitgleich innerhalb von zwei Monaten.

Das ganze ist hanebüchen. Die technischen Aspekte mögen halbwegs gut durchdacht sein, aber der Zeitstrahl ist lächerlich. Genauso verhält es sich mit der Darstellung der drei politischen Lager. China ist offensichtlich militärisch-diktatorisch, Russland ist grenzwertig kompetent, aber technisch zurück, und die USA haben die glitzerndsten Spielzeuge und retten allen den Arsch.

Tja, was soll ich sagen. Es wäre was anderes wenn die Charaktere Tiefe besäßen, wie zum Beispiel in Mother Moon, aber dem ist leider nicht so. Alle sind ziemlich stereotyp in ihren Interaktionen untereinander und kommen eher wie Pappfiguren denn Personen rüber. Das ganze Drama mit den Gefahren für Astronauten/Kosmonauten/Taikonauten bei einer solchen Mission? Es kann nicht aufgebaut werden, wenn man sich nicht mit den Charakteren identifizieren kann, wie es hier der Fall war. Alle hätten umkommen können und es hätte mich nicht berührt.

The reentry was successful, and Julie felt relieved there were no complications. Despite the thrill of being an astronaut, she was always a bit anxious when she had to use Russian equipment to reach space and back. The mere act of being an astronaut was far more dangerous than any actuary chart could illustrate.

Weiterhin ist der Autor in Aspekten inkonsequent. So gibt er der russischen Raumstation einen Namen, Gordust, übersetzt "Stolz", schwenkt im Narrativ aber immer wieder zwischen Gordust und Stolz bzw. Pride. Ich glaube nicht, dass die Amerikaner in der Realität stets Mir und Welt/Frieden gleichermaßen verwendet haben, da verstehe ich nicht wieso es der Autor tut. Meine Vermutung ist, dass es etwas mit der amerikanischen Tradition in Benennungen zu tun hat, die haben viele Substantivnamen und selten Eigennamen.

Unerwähnt blieben der mir übel aufstoßende Prolog und Epilog. Im Ersten interveniert die außerirdische Sonde bei einem Konflikt zwischen einer Gruppe Cro-Magnon-Menschen und Neandertaler, zu Gunsten der Cro-Magnons. Im Epilog wiederum wird der Empfang weiterer Signale von im Sonnensystem erwähnt, und das Signal als ‘perfekter genetischer Code’ entschlüsselt, welcher Heilung der meisten Krankheiten verspricht, sowie aus irgend einem Grund für Übergewicht und aktinische Keratose kodiert.
Meine Vermutung ist ein Plan der Außerirdischen uns alle zu Echsenmenschen zu machen.



Nee, nicht wirklich empfehlenswert.

Titel: Lunar Discovery: Let the Space Race Begin

Autor: Salvador Mercer

Sprache: Englisch (normal)

Länge: 300 Seiten (Amazon-Zählung), 85k Wörter

Sonntag, 9. Juli 2017

The First Exoplanet

The First Exoplanet – Cover
Wir finden Außerirdische, und sie mögen uns nicht.

Ich hatte schon nicht hohe Erwartungen an dieses Buch, und dann wurde ich auch noch enttäuscht.

Sedgwick beschreibt eine Welt, ca 2060, in welcher die USA, das UK, die EU, und einige andere Staaten jahrzehntelange in einem zweiten kalten Krieg verwickelt waren, der jetzt im Auftauen begriffen ist. Der Gegner dieser sogenannten Westlichen Globalen Allianz (WGA) war Russland, welches sich einige seiner alten Sowjetrepubliken einverleibt hatte. China war zwar auch auf dem Brett, spielte aber eine entweder untergeordnete, neutralere, oder irrelevante Rolle, der Autor geht darauf nicht ein.

Die WGA hat mehr oder weniger die Weltraumhoheit, unter Duldung Russlands und China. Sie sind führend in den meisten Technologiefeldern, mit gewissen Ausnahmen, in denen Russland und China besser sind.

In diesem Klima wird ein Exoplanet gefunden, der aller Wahrscheinlichkeit nicht nur Leben sondern vermutlich sogar intelligentes Leben hat. Relativ schnell kommt es zu einer Übereinkunft, dank derer die in Kinderschuhen befindliche Überlichttechnologie in eine Sonde gesteckt wird, welche den Exoplaneten auskundschaften und mögliche Außerirdische kontaktieren soll.

Wie nicht anders zu erwarten kommt es anders als man denkt und die Sonde geht nach einer ersten Nachricht nach Hause verloren, mitsamt Überlichtantrieb. Es wird eine Bergungsmission gestartet, welche auch eher schlecht als recht läuft und ehe man sich versieht weiß die Menschheit mit absoluter Sicherheit, dass wir nicht mehr alleine im Universum sind, und dass unsere Nachbarn Groll gegen uns hegen.

Tja, soweit dazu.

Ich konnte mich leider nicht mit den Charakteren identifizieren. Das mag an der Menge liegen. Oder vielleicht war es die plumpe Art und Weise, mit der die persönlichen Hintergrunde mir einfach in den Schoß geworfen wurden. Es kann auch die Holzhammermethode gewesen sein, mit der die ideologischen Gegenspieler charakterisiert wurden.
Es hat mir auf jeden Fall nicht gefallen.

Sedgwick vergnügte sich zudem noch mit einem Detailreichtum, der für die Bedeutung der Erzählung  überproportioniert war. Um es genauer auszudrücken erweckte das Buch den Eindruck es hätte sich aus der Werkzeugkiste von Militärischer Science-Fiction bedient. Bitte versteht das nicht falsch, mir gefiel Scalzi’s Old Man’s War, bloß Sedgwick ist offensichtlich kein Scalzi. Es war einfach… irgendwie linkisch ausgeführt. Überbordende Details und Bezeichnungen in Waffen und Munition.

Zudem bestand zu wenig Kontinuität in Charakteren. So haben die Astronomen, die den Planeten gefunden haben, nach dem ersten Viertel des Buches bestenfalls noch Gastauftritte.



Ich habe selten in einem Buch so viele Seiten überblättert, weil es einfach nicht fesselnd oder interessant war.

Titel: The Last Exoplanet

Autor: T. J. Sedgwick

Sprache: Englisch (einige britische Eigenheiten)

Länge: 552 Seiten (Amazon-Zählung), 123k Wörter

Mittwoch, 5. Juli 2017

Samstag, 1. Juli 2017

LitRPG

Da ich in letzter Zeit vermehrt LitRPG lese, hier eine Erklärung:


Kurzgesagt, LitRPG geht davon aus, dass die Realität, oder zumindest eine Realität, nach den Regeln von Rollenspielen funktioniert. Es gibt Statuswerte, HP, Mana, Zauber, aber alle mit definierten Zahlenwerten.


Um das ganze ausführlicher zu machen, LitRPG, oder komplett ausgeschrieben Literary Role Playing Game, geht davon aus, dass die Welt nach den Regeln von Rollenspielen funktioniert. Rollenspiele heißt in diesem Fall Spiele wie Dungeons & Dragons, Das Schwarze Auge, World of Warcraft, und so weiter, und schließt im wesentlichen alle Spiele ein, die genau definierte Zahlenwerte haben.

Dies kann mehrere Gründe haben:
  1. Die Welt an sich funktioniert nach Rollenspielregeln.
  2. Die Welt ist eine Simulation, d.h. ein Computerspiel, und die Charaktere haben Zugriff aus Der Realität auf diese virtuelle Welt und verbringen große Teile ihrer Zeit in selbiger.
  3. Die Charaktere werden aus einer normalen Welt wie unsere in eine Welt transportiert, die nach Rollenspielregeln funktioniert.
Dies sind wohlgemerkt bloß Einordnungen und nicht rigide Schubladen, in die alles passen muss. 

In der Ausführung gestalten sich LitRPGs oft in zwei Schienen, die man grob nach ihrer Herkunft unterteilen kann.
  • Koreanisch: Charaktere ‘grinden’, soll heißen ackern sich ab um neue Level zu bekommen, und es ist eine Menge Arbeit notwendig, um voranzukommen. Jedes neue Level ist schwieriger zu erreichen als das vorige.
  • Russisch: Der Levelfortschritt ist relativ zügig, sei es durch Zeitsprünge in der Handlung oder anderweitige Mechaniken, und die Handlung konzentriert sich mehr auf das Endspiel: große Gegner, die niedergerungen werden müssen.
Die Erklärung für die Handlung als LitRPG kann unterschiedlich sein, aber die Mehrheit (nach meiner Erfahrung) fällt in die Schiene VRMMO1. Die Hauptcharaktere haben ein Headset, mit dem sie in ein Spiel eintauchen, und aus irgend einem Grund verbringen sie mehr und mehr Zeit im Spiel. Ein verbreiteter Grund ist virtueller Gelderwerb, welches dann in reale Währung umgetauscht werden kann. Ein anderer ist ganz kurz und einfach Realitätsflucht2. Ein dritter, verbreiteter Grund ist der Transport in eine solche Welt. Die Charaktere wurden entweder körperlich oder geistig in eine Welt mit RPG-Regeln transportiert oder eingesperrt und müssen nun versuchen zu überleben. Manche können theoretisch zurück, aber oftmals ist solch ein Schritt mit großen Gefahren und Aufwand verbunden, der das Unterfangen eher wahnwitzig denn realistisch erscheinen lässt.

Das Charakteristikum von LitRPGs in meinen Augen ist aber die Herangehensweise und Gestaltung der Welt. Spieler können durch Chats oder Nachrichten miteinander interagieren, auch über Entfernungen hinweg, und alles hat definierte numerische Werte. Mit anderen Worten, deine Axt macht normal 12-16 Schaden, es sei denn der Gegner hat Panzerung, welche immer 3 Schaden schluckt. Du kannst dem entgegenwirken, indem du höher als der Gegner stehst, welches dir einen Vorteil von +1 Schaden gibt. Dies ist natürlich nur ein Beispiel.

Interessanter wird das ganze durch die Mannigfaltigkeit und Fülle an Regeln in üblichen Rollenspielen. Es gibt da einen Witz, dass man immer einen 11 Schritt langen Stab dabei haben soll, um Fallen auszulösen, denn Fallen machen immer Schaden in einem Umkreis von 10 Schritt. Hier ist einer der Knackpunkte des Genres, die Unterscheidung zwischen Regeln wie sie niedergeschrieben sind, und Regeln wie sie gemeint sind. In dem Witz ist es klar, dass die 10 Schritt Umkreis nur eine Maßgabe sind, keine feste Konstante des Universums. 

Deswegen haben Rollenspiele einen DM oder GM, auf deutsch einen Spielleiter, der die Abenteuer der Spieler vorbereitet und leitet und, im Idealfall, auf seine Spieler eingeht. der DM weiß was in den Regeln steht, aber er weiß auch dass das solche Ausnutzungen ein Abenteuer schnell den Bach runtergehen lassen.

In LitRPG aber wäre das in den meisten Fällen möglich, denn sie haben keinen DM, oder er ist irrelevant.

In normalen Rollenspiele ist eine der unterhaltsamsten Beschäftigungen von Spielern die Auslotung von Grenzen. Der 11-Schritt-Stock? Der ist noch harmlos, glaubt mir.

Der Vollständigkeit halber mal ein paar LitRPGs, die ich schon gelesen habe: Sword Art Online, in gewissem Sinne Not a Villain, Ready Player One, Project Daily Grind / The Citadel, Critical Failures, The Trapped Mind Project, The Two Year Emperor.


1 Virtual Reality Massive Multiplayer Online, d.h. ein Online-Spiel, bei dem hunderte oder Millionen Spieler gleichzeitig über ein VR-Set miteinander interagieren können.
2 Ready Player One, welches demnächst als Film rauskommt, wäre ein Beispiel hierfür.

Dienstag, 27. Juni 2017

Light

 Neon-Schriftzug von Light, mit Untertitel “Sneak - Hack - Steal”

Du hast dein Gedächtnis verloren und musst entkommen.

Stell dir vor du wachst auf und erinnerst dich an nichts. Nicht wer du bist, nicht wo du bist, gar nix, Das einzige, was dir geblieben ist, sind Fähigkeiten, die mehr oder weniger jeder Mensch hat, wie Fortbewegung, Sehen, Lesen, und so weiter.

Natürlich schaust du dich um und stellst fest, dass du anscheinend an einer Studie teilgenommen hast, und einer der Nebeneffekte ist kurzzeitiger Gedächtnisverlust. Ich sage ‘anscheinend’, weil du wenig später Schnipsel findest, die behaupten, dass du das bisher einzige Subjekt warst, das überlebt hat.

Den Rest des Spiels geht es darum herauszufinden, was hier eigentlich los ist, wer du bist, und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zur bringen.

Ich hatte Light schon seit einiger Zeit auf dem Kieker und jetzt gerade war es für bloß einen Euro über Steam zu bekommen, da habe ich dann auch nicht nein gesagt. Das Spiel wird quasi ausschließlich über WASD gespielt, und man steuert sich aus der Vogelperspektive.

Wie auf den Screenshots zu sehen ist, ist das Design eher minimalistisch gehalten. Türen müssen geöffnet, Terminals gehackt und Wachen aus dem Weg gegangen werden. Der Knackpunkt ist dabei letzteres. Alle Wachen haben Sichtbereiche und patrouillieren entlang bestimmter Strecken. Sie drehen sich dabei nicht stets in der gleichen Richtung um, was das Vorbeilaufen an ihnen nicht so einfach gestaltet.

Man kann zwar die Wachen umbringen, aber das Fehlen von Wachen wird relativ schnell gemerkt und die restlichen Wachen durchkämmen dann das Gebiet nach einem. Dummerweise kann man sich nicht verstecken oder dergleichen, bestenfalls verkleiden, und selbst das täuscht die Wachen bloß aus der Ferne.

Tja, sehr viel mehr kann ich auch nicht sagen. Die Spieldauer ist sehr kurz, man kann das Spiel problemlos innerhalb einer Stunde und weniger durchspielen. Es gibt einen gewissen Wiederspielwert, weil am Ende jedes Levels ein Bewertung erfolgt, aber vermutlich wirst du häufig genug scheitern, dass du zumindest am Anfang keinen Bock auf mehrmaliges Spielen hast.
Komischerweise war der Text stellenweise ein bisschen holprig formuliert, da
s hätte besser sein können.



Sehr schnell vorbei, und allzu mehr als den Euro wäre es mir aufgrund dessen nicht wert.

Titel: Light

Entwickler: Just A Pixel

Genre: 2D, Stealth/Schleichen

Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch

System: PC, Mac

PS: Ich habe die Screenshots von der Steam-Seite, aber das Spiel sieht wirklich so aus.