Freitag, 29. Juni 2012

Sequential Art


Wie so viele Webcomics ist Sequential Art humorgetrieben und erzählt aus dem Leben von Art, seines Zeichens Grafikdesigner und Zeichner einer großen Agentur. Eine wichtigere Rolle spielen allerdings seine beiden (bzw. drei) Mitbewohner Kat und Pip. Erstere ist professionelle Fotografin und eine humanoide Katze (mit anderen Worten ein Catgirl), während Pip sein Geld mit Internetauktionen verdient. Er ist analog zu Kat ein humanoider Pinguin. Bereits kurze Zeit später stößt die hyperaktive und naive Scarlet hinzu, die auf einem Eichhörnchen basiert.

Eine Großzahl der Strips sind einfache Gags, die aus dem Alltag der vier und ihren Interaktionen erzählen und man oft genug direkt die Situation nachvollziehen kann.


(Art verflucht das Fehlen einer "Rückgängig machen"-Funktion beim Zeichnen mit Bleistift)

Ein Großteil des Humors erschließt sich aber aus der Interaktion der Charaktere und ihren kleinen Marotten, welche ihnen Charme verleihen.

Gelegentlich stürzt sich der Autor Phillip M. Jackson (PMJ) in unterschiedlich lange Handlungsbögen, die dann ihre Spuren im Haushalt hinterlassen, wie beispielsweise Scarlets Herkunft, der schurkische Jack und so weiter.

Dabei kommt es immer wieder zu gelegentlichen kleinen Seitenhieben, welche die romantischen Untertöne zwischen Kat und Art hervorheben. Dabei ist von vornherein klar, dass irgendwann zwischen den beiden etwas laufen könnte, aber die Dynamik so niedlich ist, dass man sie sowohl um den heißen Brei tanzen als auch ihn auslöffeln sehen will.
Aber das ist ja allgemein die Crux Ungelöster Romantischer Spannungen.


Angenehm ist die Entwicklung der Handfertigkeit von PMJ, wie man besonders bei den zusammenhängenden Handlungen merkt, da gibt es ausführliche Bunkerbasen, gotische Kathedralen und ausgefeilt gestaltete Charaktere.

Dabei lässt er es sich aber nicht nehmen, gelegentlich Parallelen zu ziehen, so zeichnet Art auch freiberuflich Aufträge, die aber zumeist eher ins verferkelte Abdriften. Oder Art macht sich über die Augenbrauen eines Sylar-Ersatzes lustig, wobei er doch selbst mehr Brauen als Stirn hat. Oder da wäre der Handlungsstrang, der sich mit einem World-of-Warcraft-Ersatz auseinandersetzt, bei dem sich Pip in eine Spielerin verliebt, worauf ihn Art darauf hinweist: Wer spielt üblicherweise solche Spiele? Wie wahrscheinlich ist es, dass hinter dem weiblichen Spielcharakter auch eine weibliche Person steckt?

So sticht Sequential Art für mich nicht wegen seiner herausragenden Handlung heraus, sondern wegen dem leicht selbstbewussten Humor und des angenehmen Designs.

Titel: Sequential Art (http://www.collectedcurios.com)

Seiten: 777 (schwarz-weiß)

Zyklus: unregelmäßig (etwa 1 je Woche)

Wanderlust – Der Trip ihres Lebens

Yuppiepärchen findet mittels Hippiekommune zu sich selbst.

George und Linda haben sich gerade eine Einzimmerwohnung, sie nennen es großzügig "Mikroloft", gekauft. Nur zu schade, dass George gerade seinen Job verloren hat, weil das FBI die Firma seines Chefs konfiszierte. Da kommt noch hinzu, dass er seiner Frau Linda finanzielle den Rücken frei hielt, damit sie sich selbst verwirklichen konnte, was sie auch mit verschiedenen Methoden versuchte, aber nie gelang. So ist George nicht wirklich traurig über den Verlust seines Jobs, den er nicht mochte, sondern eher wegen der Konsequenzen.

George's Bruder ist ein... schwieriger Mensch. Es kommt einem unweigerlich Arschloch in den Sinn, denn Rick ist erfolgreicher Chef, hat ein Riesenhaus und reibt das seinem Bruder bei jeder Gelegenheit unter die Nase.

Auf der Fahrt zu Rick müssen George und Linda übernachten und ihr Navi bietet ihnen Elysium an. Nicht in den Erwartungen: Nudist auf dem Waldweg. Bei dem hastigen Rückzug nach diesem Anblick baut das Pärchen einen Unfall und lässt sich von dem unerwartet freundlichen Nudisten helfen, der Mitglied in der Hippiekommune Elysium ist. Anscheinend war die Beschreibung im Navi unvollständig, was das anging.

Und so verbringen George und Linda einen Tag bei den Hippies, um dann weiter zu Rick zu fahren. Dessen Frau entpuppt sich als shoppingsüchtige Alkoholikerin, der Job als genauso stumpfsinnig wie in New York und Rick ist nach wie vor arrogant hoch zehn.

So fliehen die beiden zurück zur Kommune, deren süßen Versuchungen sie haben kosten dürfen.

Gab es vorher das Touristenpaket, kommt jetzt auch die Kehrseite zum Vorschein: keine Privatsphäre (keine Türen!), Wurzelkaffee, freie Liebe und Pseudoguru Seth. Linda in ihrer bisherigen Suche nach sich selbst blüht auf, melkt Ziegen, macht Yoga und wird von Seth schöne Augen gemacht, während George Urwaldschreie brüllt und Ziegendung wegmacht.

Und dann wäre da noch der Aspekt der freien Liebe, sowie die im Hintergrund schwebende Drohung der Schließung von Elysium...

Im Nachhinein ist es eine nette Wendung, dass George bei dem Übernachtung von der Kommune hin- und weg war, mit Linda als Unwillige, während nach der Eingemeindung sich die Rollen umkehren und Linda diese andere Kultur in sich aufnimmt.

Allerdings stachen zwei Szenen sehr negativ hervor: Seth ist an Linda interessiert und George an Eva, und die Akzeptanz des Konzepts freie Liebe würde beiden gestatten ihren "fleischlichen Gelüsten" zu frönen. George versucht sich vorzubereiten, indem er vor einem Spiegel allerhand Umschreibungen heraus drischt, die allesamt einem Porno entstammen zu scheinen. Alles sehr widerwärtig, und ich sag das nicht aus Prüde, sondern weil es wohl witzig sein sollte, aber volle Kanne nach hinten los ging. Das er diese Worte dann auch nochmal in Eva Gesicht drückt... angenehm ist was anderes.

Leider wird das auch nicht durch die konsequente Charakterentwicklung aufgewogen.

Und so verbleibe ich dabei, dass der Film nur Durchschnitt ist, Hintergrundgeplänkel wenn man den Fernseher laufen lässt, aber keinesfalls "tolles Kino".

Titel: Wanderlust – Der Trip ihres Lebens

Länge: 98 Minuten

Regisseur: David Wain

Freitag, 15. Juni 2012

Men in Black 3

14 Jahre nach dem ersten Teil kam jetzt der dritte in die Kinos, in welchem J eine Zeitreise unternimmt, nachdem K aus der Zeit getilgt wurde.

Für diejenigen, welche Men in Black nicht kennen: Es gibt eine streng geheime Regierungsbehörde, welche sich mit der Einreise, dem Aufenthalt, der Tarnung und Integration sowie der Abreise von Aliens beschäftigt, die sogenannten Men in Black. Die Erde ist quasi eine Art Weltraumschweiz. Touristen sind willkommen, aber Krieg bleibt draußen, und darum kümmern sich die MiB.

Im ersten Film wurde Will Smith als Agent J rekrutiert und von Tommy Lee Jones – Agent K – in das Prozedere und den Ablauf des ganzen Geheimdienstapparates eingewiesen, während sie sich gleichzeitig auf die Suche nach der Schabe machten. Letztere suchte auf der Erde nach einer bestimmten Energiequelle, die von ihren Erschaffern geschützt wurde. Sie würden die Erde leider lieber vernichtet sehen als die Energiequelle der Schabe zu überlassen.

Alle Erkennungsmerkmale wurden hier vorgestellt: der MiB, die technischen Spielereien (Gedächtnislöscher, auch bekannt als Blitzdings, Weltraumwummen, ...), die Dynamik zwischen J und K, die Charaktere.

Der zweite Teil ist mir nicht so gut im Gedächtnis haften geblieben, aber K wird nach fünf Jahren aus dem Ruhestand geholt, weil er als einziger der bösen Serleena bei ihrer Suche nach einem wortwörtlich machtvollen Zepter zuvorkommen kann, welches er vor 25 Jahren selbst versteckt hat. Das Problem: Vorm Ruhestand wird einem Agenten das Gedächtnis gelöscht, und es gibt keinen Entlöscher. So müssen sich die beiden in scheinbar verkehrten Rollen – J als alter Hase, K als Neuling – beeilen, damit sie Serleena ein Schnippchen schlagen können.

Leider hatte der zweite Teil nicht so gut mithalten können, aber das Problem mit Nachfolgefilmen ist endemisch. Besonders negativ haften geblieben ist mir da die Lord-of-the-Dance-Nummer des MiB-Direktors.

Im dritten Teil nun ist einiges anders. So beginnt der Film mit einem Gefängnisausbruch auf dem Mond und schwenkt dann über zur Trauerrede K's über den stepptanzenden Direktor. Dessen Nachfolgerin schien früher etwas mit K gehabt zu haben, was sich ein bisschen mit den Informationen aus dem ersten Teil beißt. Kontinuität, Leute. Wichtig!

Wie dem auch sei, J und K sind bald auf der Suche nach dem Ausbrecher, da dieser sich munter durch die Gegend meuchelt. Zum Glück sind sie vorbereitet, denn der Ausbrecher Boris hat noch ein Hühnchen mit K zu rupfen, der ihn '69 ins Gefängnis geworfen hatte.

Wäre da nicht die kleine Tatsache, dass nach einem Kopfschmerzanfall J mit einmal keinen Partner K mehr hat, ja nie gehabt hatte. Trotz den verwunderten Blicken seiner Kollegen glaubt ihm die Direktorin, denn sie kannte einen Agent K. Er starb vor über 40 Jahren im Dienst.

Hm. Seltsam.

Anscheinend gab es eine Zeitreise, in deren Konsequenz K aus der Zeitlinie getilgt wurde, und J bleibt nichts anderes übrig als Boris in die Vergangenheit zu folgen. Nicht (nur) wegen K, sondern auch wegen der Flotte Weltenfresser, die an sich seit einigen Jahrzehnten ausgestorben sind und sich gerade daran gemacht haben, die Erde wegzufuttern.

Obwohl der Film einige witzige Stellen hat, leidet er an der gleichen Sequelitis wie der zweite Teil, auch wenn nicht ganz so ausgeprägt. Dies ist sicherlich der veränderten Dynamik zwischen J und K, also dem jungen K, geschuldet. Viele der Eigenarten sind bereits bei der jungen Version vorhanden, wie der trockene, mimikfreie Humor, ohne jedoch den gleichen immerernsten Charakter zu haben, und so fragt man (und J) wie sich dieser leicht joviale K in den Griesgram verwandeln konnte, was in den Jahren vorgefallen ist, dass diese Wandlung erklären könnte.

Ich habe den Film in 3D gesehen, aber anscheinend wurde das 3D nur draufgeklatscht, wenn man von den Effekten absieht, anstatt in 3D gedreht. Schade eigentlich.

Vom Soundtrack fiel mir nur das zaghaft verwendete Titelthema auf und der erste Song vom Abspann, Back in Time von Pitbull, auf. Man hätte das Thema aber ruhig präsenter einbinden können, während Back in Time eine Dubstep-Bridge (?) hat – zumindest hört es sich so an.

Alles in allem ist dieser Teil besser als der zweite und immer noch schlechter als der erste. Nett, aber nicht toll.

Titel: Men in Black 3

Regisseur: Barry Sonnenfeld

Länge: 106 Minuten

Im Nachhinein fällt mir gerade auf, der griesgrämige K hatte in den Filmen mehr Liebschaften als der großmäulige J... interessant.

PS: Heimlicher Star: Griffin.

Samstag, 9. Juni 2012

God Bless America

Überdruss der Verdummung und Ellenbogengesellschaft + todkrank = Tod den Arschlöchern

Frank hat Kopfschmerzen. Seine Frau hat ihn verlassen, seine Tochter will keine Zeit mit ihm verbringen, seinem Job ist er gleichgültig gegenüber und die allgegenwärtige Kultur des ungehobelten Arsch-Seins kotzt. ihn. an.

Und so darbt er in seiner Wohnung, seine Nachbarn unfähig ihrem Balg gegenüber Rückgrat zu zeigen, in Schlaflosigkeit vor dem Fernseher. Er schaltet durch dutzende Sendungen von hirnlosen, geschmacksfreien, teilweise Brechreiz induzierenden Sendungen – Anspielungen auf die amerikanische Vorlage zu Deutschland sucht den Superstar, American Idol, keifende Models, Jackass, schwuchtelnhassende Prediger, Pfurzklingeltonwerbung, Bill O'Reilly – und schläft über eine Reportage über Charles Whitman, den Amokläufer von 1966, ein.

So hat er seine kleinen Fantasien, wie sie jeder wohl mal hat, in denen er seinen Arbeitskollegen zukommen lässt, was ihnen gebührt. Blei. Falls das nicht klar war, Hochgeschwindigkeitsblei, aus einer Handfeuerwaffe. Bei einer Unterhaltung mit seinem Zellennachbarn Tischkollegen versucht Frank seinen Standpunkt klar zu machen. Es wird belohnt, auf anderen rumzuhacken, niemand ist mehr nett oder freundlich, es gibt eine Kultur des Arsch-seins, und die Antwort folgt auf dem Fuße: Er sollte sich mal entspannen. Anschließend wird er gefeuert, weil er der Empfangsdame aus Freundlichkeit Blumen geschickt hat. Und natürlich sind die Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit laut seinem Arzt in einem Tumor begründet.

Am gleichen Abend, bei einer Sendung über Vorstadtkinder und ihre hochbedeutenden 16ten Geburtstage, ist das stetig füllende Fass des Überdrusses kurz vorm Überlaufen. Chloe, Fokus der aktuellen Sendung, macht ihren Vater runter, macht ihre Mutter runter und kriegt bald einen Heulkrampf, weil das Coupé, welches Chloes Vater ihr schenkt, kein Escalade (ein Großstadtjeep) ist. Als seine siebenjährigen Tochter anruft und herumtobt, weil ihre Mutter statt eines iPhones ihr ein Blackberry gekauft hat, fasst Frank einen Entschluss.

Er nimmt sich seine Pistole, schiebt sie sich in den Rachen und kurz vorm Abdrücken kommt er auf die Tontaste des Fernseher, wo Chloe wieder eine Tirade ablässt. Franks Fokus ändert sich.

Ein kurzer Diebstahl, eine Nacht durchfahren und eine Kugel später wird Chloe niemandem mehr auf die Nerven fallen. Nun hat Frank Zeit, sich umzubringen. Dachte er.

Eine Zeugin seiner Tat, Roxy, macht ihn ausfindig und – absurd wie es ist – freut sich über seinen Mord und wünschte, sie hätte ihn aus der Nähe gesehen. Na ja, da Frank sowieso sein Hirn als Wandfarbe benutzen will, kann sie genausogut zuschauen. Bis Roxy einen Einwand bringt, nämlich dass er bloß als einer in den Nachrichten auftauchen würde, der eine Mindejährige gestalkt und aus Eifersucht oder ähnlich banalem Grund umgebracht hat. Dabei hat er sie getötet, weil sie nicht nett war. Und sie argumentiert weiter, wenn es so viele schreckliche Leute auf der Welt gibt, deren Ableben eine Bereicherung wäre, wieso sollte er jetzt damit aufhören?

Und so machen sie Roxy und Frank auf, den Ärschen Manieren beizubringen. Aus Rücksichtslosigkeit auf zwei Parkplätzen parken? BÄM! Im Kino mit Popkorn werfen? BÄM! Schwuchtelhass predigen? BÄM!

So finden das ungleiche Paar sich in einer Freundschaft wieder und lernt sich über eine Reihe von Morden kennen.

Ohne zu viel verraten zu wollen, mir hat der Film gefallen. Die Gewalt ist witzig und mal ehrlich, wer sieht Ärsche nicht gerne leiden? Die Ziele sind nicht böse, zumindest per se, aber irgendwie erscheinen wie die Auswüchse einer Ellenbogenkultur, eine Kondensation xenophober Selbstgerechtigkeit. Die Leute, die über geistig Minderbemittelte lachen, sich über sie lustig machen. Die Rücksichtslosen. Die Uneinsichtigen. Die Empathieenterbten. So sind sie durchweg Asympathieträger. Man mag mit manchen ihrer Ansichten übereinstimmen, aber Frank hatte recht als er fragte, "Müssen sie dabei so gemein sein?"

So beklagt God Bless America den Verlust der Zivilisiertheit in der Zivilisation auf dem Weg einer schwarzhumorigen Komödie, die in einem unerwarteten Finale gipfelt.


Wirklich schade, dass der Film nicht in Deutschland veröffentlicht wurde.

Titel: God Bless America

Regie: Bobcat Goldthwait

Länge: 104 Minuten

Nachtrag: Das Problem beginnt, wenn man Sympathie mit Frank und Roxy entwickelt. Wie würde sich der Film gestalten, wenn statt Hassprediger Hippies getötet, statt Schwuchtelhassern Abtreibungsgegner überfahren werden würden? So bleibt der fahle Nachgeschmack von Nachvollziehbarkeit für die Mordserie von offensichtlich gestörten Personen.

Freitag, 8. Juni 2012

Limit

Nachdem die Menschheit, ungeeint wie eh und jeh, endlich Bergbau auf dem Mond betreibt, kommt es zur Krise.

Ich beschreibe mal kurz die Zukunft, in der Frank Schätzings Limit spielt.

Es ist geschafft – der Weltraum scheint erstmals greifbar. Ein Idealist und Träumer, der zugleich Charisma und Unternehmergeist in sich vereinigte, hat geschafft, wofür er jahrelang belächelt wurde. Einen Weltraumaufzug. Der Name umschreibt das Konzept sehr treffend, denn es ist wirklich ein Kabel bis in den Weltraum, an welchem Aufzüge hoch- und runterfahren.

Doch damit nicht genug, denn der gleiche Mann hat zudem einen Bedarf für ein derartiges epochales Bauwerk geliefert, wiederum durch technologische Errungenschaften – Fusionsreaktoren. Während zu unserer Zeit der europäische ITER-Versuchsreaktor vor allem Energie frisst, liefern diese neuen Reaktoren Energie, und ihre Treibstoff ist Helium-3. Dieses findet man in geringen, aber förderbaren Mengen auf dem Mond. Mit konventioneller Raketentechnik eine Mondstation mit Helium-3-Förderung zu errichten, könnte ganze Kontinente ruinieren und würde noch nicht Mal den Bedarf decken, und der Grund dafür liegt in den immensen Energiemengen, die man für eine Reise zum Mond benötigt. Ein Aufzug macht das ganze sehr viel kostengünstiger, denn anstatt Treibstoff und Tanks und Raketenmotoren und allerhand anderen Kram mitzuschleppen, setzt man sich einfach in einen Aufzugwagen und fährt an dem Seil hoch.

Doch wer ist dieser charismatische Mensch? Julian Orley, Energiebündel, Visionär und Fantast, denn er hat all das und noch mehr geschaffen. Wir schreiben das Jahr 2025, die Fusion fängt an, ihre Versprechen der kostengünstigen Energieversorgung zu halten und das Brennmaterial wird durch den Weltraumaufzug sogar erschwinglich, womit verhältnismäßig schlagartig viele Energieprobleme der Welt durch diese günstige und saubere Alternative der Vergangenheit anzugehören scheinen.

Doch so ein epochaler Wechsel wird von der erdölbeherrschten Wirtschaft nur schwer verkraftet, denn durch die billige Energie und die Entwicklung günstiger Elektroautos und Solarzellen sinkt der Ölbedarf, was den Preis fallen lässt und bei hohen Barrelpreisen einträgliche Vorkommen ruckartig unrentabel macht. So ist das Werben der sterbenden Ölriesen um Orley nicht verwunderlich, sie wollen mit ins lukrative Boot.

Doch Julian lässt sich bei seiner Suche nicht beschränken und lädt 14 illustre und finanzschwere Personen ein, mit ihm das von seiner Tochter Lynn geplante und gebaute Mondhotel Gaia einzuweihen. Er möchte ihnen dabei einen Ausblick auf die Zukunft der Menschheit geben, denn trotz all seinen Erfolgs ist Julian Orley ein Philantrop, und so sind unter seinen Gästen Wasserwirtschaftler, Landwirtschaftsriesen, Ölmultis, Solarkräftige, Mediengiganten.

Parallel dazu ist Owen Jericho ein Privatdetektiv, seit Jahren in Shanghai tätig und lebend, und soll für einen Freund die Tochter eines Freundes ausfindig machen, die unvermittelt verschwunden ist. Als Digitalexperte nimmt er die Fährte der nebulösen Yoyo auf, macht Hinweise ausfindig und plötzlich stirbt eine seiner Spuren, der Mitbewohner Yoyos, bei einem waghalsigen und wahrscheinlich unfreiwilligen Manöver. Offensichtlich steckt mehr hinter der jungen Chinesin, als Owen zu Anfang vermutet hatte…

Wie schon beim Schwarm webt Schätzing ein komplexes Netz aus Charakteren und Handlung, gibt sich Mühe diesen Leben einzuhauchen, aber irgendwie will es ihm nicht so recht gelingen. Mag sein, dass es an meiner Abneigung zu solchen Themen liegt, aber einige Charaktere haben mit inneren Dämonen zu kämpfen, und irgendwie langweilen mich solche Kämpfe. So ist Lynn einem Zusammenbruch verdächtig nahe, und es ist glaubwürdig dargestellt, wie sich der Druck für einen solchen aus Umständen, Erwartungen und Charakteristika ergibt, aber das seitenlange Darstellen und suhlen in den emotionalen Exkrementen jahrelangen seelischen Raubbaus ist einfach nicht mein Ding.

So hat Limit während der ersten zwei Drittel unausweichlich Längen, in denen Schätzing sich den Dämonen seiner Charaktere oder teilweise irrelevanten Umgebungsbeschreibungen hingibt. Letztere sind besonders störend, denn mir drängt sich ungewollt der Gedanke auf, dass er etwas zeigen wollte. Dass er recherchiert und begründet hat, was er da alles geschrieben hat.

Das ist schade, denn das letzte Drittel zeigt Schätzings Vermögen, den Leser am Ball zu halten und den Spannungsbogen zu spannen. Immer wieder eine neue Wendung, immer wieder ein neues Hindernis, und stets doch bemessen genug, um den Bogen nicht zu überspannen.

Witzig empfand ich die kleinen Verneigungen gegenüber klassischer Science-Fiction. Beispielsweise sind die Mondfähren, da sie niemals eine Atmosphäre durchdringen müssen, pragmatisch designt und frei von aerodynamischen Erwägungen. Ästhetisch einigermaßen unansprechend, weil eine Hülle, abgesehen vom Schutz vor Mikrometeoriten und Sonnenprotuberanzen, einigermaßen überflüssig ist. Und doch erwägt Julian, von einem seiner Gäste darauf angesprochen, ob eine aerodynamische Hülle Sinn jenseits der technischen Aspekte machen könnte, gefrei dem Motto: Wenn man schon in einem Raumschiff fliegt, kann es doch auch nach Raumschiff aussehen.

Mehr noch als beim Schwarm bildet die Technologie nur einen Hintergrund der Geschichte und geht mehr um die Verwicklungen und den Fingerzeig, den Schätzing auf Möglichkeiten und Gefahren legen will. So kann ich nur sagen, dass mir der Roman von dem Szenario her – Aufbruch der Menschheit in den Weltraum – gefallen hat, da habe ich einfach eine Schwäche für, aber vom Inhalt trotzdem solide war, auch wenn der Roman ruhig ein-, zweihundert Seiten weniger hätte vertragen können.

Titel: Limit

Autor: Frank Schätzing

Länge: 1304 Seiten

Donnerstag, 7. Juni 2012

Dark Shadows

Meh.

Barnabas Collins ist der Sohn und Erbe der frisch in die neue Welt umgesiedelten Familie Collins, welche dabei ist, ein Fischereiimperium in Collinsport aufzubauen. Wäre da bloß nicht Angelique, seine Geliebte, die er zugunsten einer anderen verschmäht. Dummerweise ist Angelique auch noch eine Hexe, sie verflucht Barnabas und treibt ihre Rivalin in den Tod, welcher Barnabas bereitwillig hinterherspringt. Wäre da nicht dieser Fluch, hätte der romantische Freitod Erfolg gehabt, aber so ist Barnabas nun ein Vampir mit all den üblichen Schwächen.

Doch dessen nicht genug, Angelique stachelt die Dorfbewohner gegen das Monster auf, woraufhin die Meute den Collinserben bei lebendigem Leibe begräbt.

200 Jahre später sind die Collins heruntergewirtschaftet, die Residenz heruntergekommen und durch Bauarbeiten der Sarg geöffnet – Barnabas ist frei. Nachdem er an den Bauarbeitern seinen Durst stillt, macht er sich auf zum Familiensitz, um seinen Nachfahren beiseite zu stehen.

Diese gestalten sich als... normal. Der Jüngste hat seine Mutter bei einem Bootsunglück verloren, dessen ältere Schwester folgt den aktuellen Trends der 70er, der Vater führt mit seiner Schwester die Geschäfte des ehemaligen Imperiums und dann sind da noch der Hausmeister und die senile Putzkraft. Zu diesen kommt noch Victoria, die wiedergeborene Geliebte Barnabas. Ihre Aufgabe ist der Unterricht vom Jüngsten.

Wie man merkt, ist der Film etwas überladen, was mich nicht wirklich überrascht, denn er adaptiert eine Serie von Ende der 60er mit über 1000 Folgen. Sie hat – in den USA – eine sehr hingebungsvolle Fangemeinde mit regelmäßigen Conventions/Konferenzen, was einer der Anlässe für den Film gewesen sein dürfte.

Doch wenn man so viel Stoff auch nur ansatzweise in zwei Stunden unterbringen will... das geht einfach nicht. Dementsprechend kommt der Film auch rüber, es werden zwar eine übersichtliche Menge an Personen eingeführt, und wahrscheinlich eine Unmenge ausgelassen, aber viele Handlungspunkte lassen auf mehr schließen, ohne sich ihnen ausreichend zu widmen.

Der Fokus liegt auf die Dreiecksbeziehung Victoria-Barnabas-Angelique, denn letztere schmiedet mit Barnabas Auftauchen weiter an dessen Verführung, während Barnabas selbst versucht die Gefühle von Victoria für sich zu entfachen. Problem dabei ist, sein Vampirwesen wird vor den meisten geheimgehalten.

So muss ich sagen, dass der Film mir nicht Gefallen hat. Er ist von Tim Burton, was mir besonders beim Geist der toten Geliebten auffiel, und es spielt Johnny Depp mit, aber... weder Burton noch Depp halten, was ihre Beteiligung normalerweise versprechen würde.

Titel: Dark Shadows

Regisseur: Tim Burton

Länge: 113 Minuten