Sonntag, 13. April 2008

A Miracle of Science

Dieser englische Webcomic spielt in der Zukunft und beschäftigt sich mit dem Thema des wahnsinnigen Genies. Er wurde geschrieben von Jon Kilgannon und von Mark Sachs in Bilder umgesetzt. Wurde? Richtig gehört, denn A Miracle of Science ist einer der wenigen Webcomics, die abgeschlossen sind. Er wurde von 2002 bis 2007 veröffentlicht und die erste Hälfte ist mittlerweile auch in Buchform erhältlich. Sachs und Kilgannon arbeiten eigenen Behauptungen zufolge daran, auch den zweiten Band auf tote Bäume zu bringen, über den Termin ist aber nichts bekannt - zumindest mir nicht.

Zeichnung

Die ersten 38 Seiten und somit das ganze erste Kapitel sind noch in schwarz weiß gehalten, danach stieg Sachs auf vollfarbig um. Mit dieser grandiosen Überleitung kommen wir auch gleich zum Zeichenstil. Er basiert auf dem typischen amerikanischen Panelaufbau, zeigt aber vor allem bei der Charaktergestaltung Anleihen an japanische Manga. Sachs arbeitet perspektivisch korrekt, wobei er gerne auch filmische Linseneffekte einbaut, die ansonsten gerade Linien leicht gekrümmt erscheinen lassen. Diese Effekte sind aber rein zeichnerischer Natur und nicht durch Programme eingefügt, im Gegensatz zu den teils stark computerlastigen Hintergründen und Außenaufnahmen von Monden, Planeten und dergleichen. Dort greift der Zeichner sowohl auf Lensflares als auch andere Tricks aus der Effektekiste zurück. Die Charaktere selbst sind bis auf Caprice, die weibliche Hauptfigur, frei von solchen Spielereien. Wenn man von dem Coloring selbst absieht. Somit kommen wir auch gleich zum größten Manko des Webcomics - der zeichnerischen Darstellung der Charaktere. Es wirkt beständig so, als wäre Sachs aus der amerikanischen Dragonball-Z-Zeit herausgekrochen und hätte angefangen, aus Spaß an der Freude einige Mangamerkmale auf seine ansonsten bestenfalls mittelmäßigen Zeichnungen zu klatschen. Ich brauchte einige Zeit, bis ich realisiert, dass dies sein Stil ist, der sich von Anfang bis Ende zwar verändert hat, aber stet einen ähnlichen Anschein hatte. Nichtsdestotrotz bleibt das stümperhaft wirkende Charakterdesign ein leicht abschreckendes Merkmal. Die Charaktere selbst sind dabei bis auf die Mangaeinflüsse im Gesicht realistisch soweit dies in einem Science-Fiction-Setting möglich ist. Es fallen weder überlange Gliedmaßen noch sonst verstümmelte anatomische Merkmale ins Auge.

Story

Die Geschichte selbst ist das meiner Meinung nach Herausragendste an diesem Webcomic und sie war es auch, die mich A Miracle of Science hat lang genug lesen lassen, bis ich Sachs Zeichnungen als Stil statt Stümpern erkennen konnte.
Die Vorstellen-Polizei ist eine Behörde, die sich mit der Forschung nach und an memetische Erkrankungen - denkt einfach an ansteckende Ideen - sowie der Fahndung nach und Verhaftung von wahnsinnigen Wissenschaftlern beschäftigt. Benjamin Prester ist ein Agent dieser Behörde und soll zusammen mit Caprice Quevillion, einer Marsangehörigen, einen Fall lösen. Dies an sich ist schon herausragend, da der Mars sich nach der Besiedlung in Isolation zurückgezogen hat und erst hundert Jahre später, kurz vor dem Zeitpunkt der Handlung, als Gruppengeist dem Solaren Parlament beitrat. Sie untersuchen den Fall um einen unbekannten Robotiker, der dem Anschein nach an SRMD leidet, einer memetischen Krankheit, die vor allem Wissenschaftler befällt und sie zu Welteroberungsplänen oder dergleichen treibt. Dabei führt die Fahndung die beiden durch das halbe Sonnensystem, komplett mit Weltraumschlachten und Talär.
Besonders die Ausarbeitung der Welt, in der A Miracle of Science spielt, fällt dabei ins Auge. Verschiedene Konzepte aus dem Transhumanismus, der Gesellschaftslehre und weiteren Feldern werden elegant verknüpft und zu einem in sich geschlossenen und dabei logischen und nachvollziehbaren System verarbeitet. Dabei umschifft Kilgannon geschickt übliche Klippen wie das Abrutschen in eine Space Opera, obgleich einige Elemente enthalten sind, noch erstickt er den Leser mit Fachbegriffen und unverständlichen Konzepten. Dabei nimmt sich A Miracle of Science nicht zu ernst, aber auch nicht zu locker - es gibt zwar keine blutgefüllten oder grausige Schlachten, aber eben auch keine einsilbigen Actionhelden, die immer einen coolen Spruch auf den Lippen Metallsplitter aus der Umgebung machen.

Fazit

Alles in allem kann ich A Miracle of Science allen Science-Fiction-Fans wärmstens ans Herz legen, einen so in sich flüssigen Webcomic werdet ihr nicht so ohne weiteres finden. Und wenn doch, sagt es mir ;)
Gerechterweise sollte ich noch erwähnen, dass der Webcomic recht textlastig ist und teilweise Wörter abseits des 08/15-Englisch verwendet.
Aber auch falls ihr nicht so technik- und zukunftsbegeistert seid, lohnt es sich auf jeden Fall einmal hereinzuschauen.

Name: A Miracle of Science

URL: http://project-apollo.net/mos/index.html

Sprache: Englisch

Seiten: 435 (38 schwarz-weiß, 397 farbig)

Veröffentlichungszyklus: Abgeschlossen